Was bewegt uns?

Eine einfache Frage. Aber sie hat es in sich. Sie kann uns in den Kern unseres Seins führen. Was bewegt uns zutiefst? Und was wissen wir überhaupt darüber?
Wir können die Frage natürlich spontan und leicht beantworten, z.B. „Mich bewegt gerade, was ich heute noch alles zu erledigen habe.“ Oder: „Ich freue mich über das schöne Wetter.“ Wir können aber auch etwas tiefer gehen und bekommen dann Antworten wie „Ich bin unzufrieden mit meiner Arbeit und das quält mich“ oder „Mir wird schlecht, wenn ich daran denke, was für Leute unser Land regieren“ oder „Ich habe Lust auf erotische, sinnliche Berührung.“ Oder wir gehen noch tiefer: „Ich sehne mich danach, bedingungslos geliebt zu werden“ oder „Ich möchte mit meiner Arbeit etwas von bleibendem Wert erschaffen.“

Solange wir leben sind wir in Bewegung. Wir sind bewegt. Aber was ist es eigentlich, was uns bewegt? Sind es unsere Gedanken? Unsere Gefühle? Unsere Instinkte? Unsere Sehnsüchte? Unsere Glaubenssätze? Unsere Eltern? Unser Körper? Liebe? Gott?

Je mehr wir mit diesen Fragen in die Tiefe gehen, desto mehr entdecken wir, dass wir es eigentlich gar nicht so genau wissen, was uns bewegt. Wir sind in Bewegung, aber unsere wirkliche Motivation für all das, was wir den lieben langen – oder kurzen – Tag tun, ist sie uns bewusst? Und wenn wir vermeintlich einfache Antworten bekommen wie „Ich arbeite, weil ich Geld zum Leben brauche“ oder „Ich bin mit meiner Partnerin zusammen, weil ich sie liebe“ – stimmt das überhaupt? Oder sind das nur Schutzbehauptungen, um uns nicht tiefer Rechenschaft darüber ablegen zu müssen, was wir eigentlich den ganzen Tag über so treiben? Könnte es nicht auch sein, dass wir arbeiten, um uns nicht nutzlos zu fühlen, um den Tag zu strukturieren oder um „dazu zu gehören“? Könnte es auch sein, dass wir mit unserer Partnerin zusammen sind, weil wir Angst davor haben allein zu sein? Oder weil wir dann regelmäßig Sex bekommen?

Neulich vor der Bundestagswahl sah ich das Duell von Merkel und Steinmeier. Warum ich mir das angetan habe, weiß ich nicht wirklich. Aber immerhin gibt es mir Stoff für diesen Text. Ich war beeindruckt, wie inhaltslos, wie komplett ohne jede Vision die beiden antraten.Wenn ich mich frage, was diese Politiker eigentlich bewegt , dann macht sich erstmal Ratlosigkeit breit. Die wirkten so was von unmotiviert, dass ich noch nicht mal Machthunger bei ihnen ausmachen kann. Eitelkeit? Arroganz vielleicht? Alles nur in Spurenelementen. Ja, da war Besserwisserei, aber selbst die war irgendwie blutleer. In der nachfolgenden Talkrunde sagte einer der Gastexperten, ein Schauspieler: „Die wirkten wie geklont. Da kam nichts, aber auch gar nichts über die Rampe. Wie Marionetten.“ Es scheint so, als würde unsere Kultur von Menschen geführt, die nicht wirklich spüren, wofür es sich lohnt zu leben.

Was Politiker aller Parteien versprechen, ist Arbeit zu schaffen. Das ist traurig. Wenn wir schon nicht wissen wofür wir leben, dann dürfen wir zumindest arbeiten! Der moderne Kampf um Arbeitsplätze, vollkommen abgekoppelt davon, ob diese nun sinnvolle Tätigkeit beinhalten oder uns in den Abgrund führen, er wird zunehmend pervers. Wir verschrotten unsere Autos, damit wir neue kaufen können. Dieses Prinzip ließe sich noch ausbauen! Arbeitslosigkeit, von manchen als die „Geißel der Menschheit“ bezeichnet, sie wäre Vergangenheit. So könnte z.B. auf jedes Konsumgut ein Abwrackdatum vermerkt werden, zu dem es bei Strafe auf den Müll muss. Wir könnten auch noch radikaler werden. Wir könnten – ganz ohne Krieg – unsere Häuser in die Luft jagen und neue bauen. Das brächte Arbeit noch und noch!

Noch mehr Ideen für neue Arbeitsplätze gefällig? „Schwarzsex“ könnte verboten werden. Nein, das ist nicht rassistisch. Es geht dabei nicht um Sex mit Schwarzen. Es ginge um Sex, für den kein Lohn gezahlt wird. Er würde genauso verboten wie heute die Schwarzarbeit. Das brächte eine Vollbeschäftigung, von der heute niemand zu träumen wagt. Alternativ dazu wäre auch zu erwägen, ob schwarze Kindererziehung – heute beschönigend Familienleben genannt – wenn nicht verboten so doch mindestens kontingentiert werden sollte…

Ich hatte die Geschichte von Adam und Eva früher so verstanden, dass die beiden aus dem Paradies verbannt und dazu verdonnert wurden, im Schweiße ihres Angesichts zu arbeiten. Vom heutigen Standpunkt muss man wohl sagen, dass Gott ihnen ein riesiges Geschenk gemacht hat: er gab ihnen Arbeit! Ob Gott wohl schon diesbezüglich ins Grübeln gekommen ist?

Ich könnte mich hier richtig in Rage schreiben. Das macht irgendwie Spaß. Dieses permanente inhaltsleere Gerede von Arbeitsplätzen geht mir schon lange die Nase hoch. Aber das eigentliche Thema dahinter, das bewegt mich noch tiefer, nämlich die Frage, was uns denn eigentlich im Innersten bewegt. Was treibt uns an? Wofür lohnt es sich zu leben? Wofür zu arbeiten?
Die Frage kann unbequem sein, weil sie vielleicht erstmal ein weites Ödland in uns aufdeckt, in dem wir nicht viel spüren und einfach funktionieren. Aber wenn wir uns davon nicht abschrecken lassen und unsere Motive tiefer erforschen, dann warten saftige Wiesen tiefen Bewegt-Seins auf uns. Die lohnt es zu entdecken. Es kann allerdings ein wenig Arbeit sein, sich dahin auf den Weg zu machen.

Neulich hörte ich einen Bericht im Radio. Darin ging es um den Unterschied von extrinsischer und intrinsischer Motivation. Er besteht einfach gesagt darin, dass ich im ersten Fall auf äußeren Lohn wie Geld oder Anerkennung aus bin, im zweiten Fall bin ich durch innere Befindlichkeiten motiviert, z.B. indem mich die Tätigkeit selbst befriedigt oder erfüllt. Und nun der spannende Forschungsbefund: Wenn wir etwas eigentlich gerne tun, und keinen Lohn dafür erwarten, dann verlieren wir leicht unsere Freude daran, wenn wir äußeren Lohn dafür bekommen. Ein Kind, das gerne gelernt hat, verliert das Interesse am Lernen, wenn es Noten dafür bekommt. Es lernt irgendwann nur noch für die Noten. Es spürt seine eigene Neugier nicht mehr. Ich finde das höchst spannend, denn diese Erkenntnis kann zum Ausgangspunkt werden zu erforschen, was uns wirklich bewegt und für wen oder was wir das tun, was wir tun.
Ein guter Ausgangspunkt für diese Selbsterforschung ist anzuerkennen, dass wir möglicherweise viel weniger über unsere echte, wahrhaftige Motivation wissen, als wir bislang gedacht haben.

Ich wünsche mir eine Kultur, in der mehr und mehr Menschen wieder Zugang finden zur inneren Quelle ihres Bewegt-Seins. In der wir uns immer wieder mal fragen: macht das eigentlich Sinn, Freude oder Spaß, was ich da tue oder tue ich es weil ich denke ich muss?
Ich finde diese Quelle, wenn ich innehalte, wenn ich spüre, was eigentlich in mir los ist, wenn ich nichts damit tun muss. Manchmal so lange bis ich mich langweile. Oft taucht erstmal innere Unruhe und Ungeduld auf und will mich wieder zum schnellen Tun verführen. Aber wenn ich auch diese Unruhe einfach spüre und nichts damit mache, dann fängt sie irgendwann langsam wieder an zu sprudeln. Und das fühlt sich so gut an, dass es sich lohnt, mir Zeit dafür zu nehmen. Auch ganz ohne äußeren Lohn.

Ich wünsche uns allen viel Freude bei allem was wir tun… und beim Nichts-Tun, beim einfach bewegt sein…

Herzliche Grüße
Saleem Matthias Riek

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Nackt

Vor kurzem wurde ich auf eine Meldung aufmerksam gemacht, die am 9. Juli 2009 in der Stuttgarter Zeitung erschienen war:

„Hallo Saleem, dieser Artikel hat mich an Deinen Gedanken aus Deinem Buch Herzensfeuer erinnert: Sich „nackt“ zeigen, die Wahrheit und das Nichtwissen zulassen – und den Mantel nicht wieder drüber decken…“

Hier die Meldung im O-Ton:
„Im englischen Newcastle hat sich eine von der Krise gebeutelte Markentingagentur intern frei gemacht: Auf Anraten eines Arbeitspsychologen kamen die Mitarbeiter an einem Tag weitgehend hüllenlos ins Büro. Die Auswirkungen auf das zuvor recht trübe Arbeitsklima beschrieb ein Mitarbeiter so: „Es war fantastisch. Jetzt wo wir einander nackt gesehen haben, gibt es keine Barrieren mehr. Wir sind viel mehr in der Lage, miteinander ehrlich zu sprechen.“ Soso. Stellen wir uns Deutschland mal nackt vor. Merkel und Steinmeier sagen plötzlich die Wahrheit: „Alles Mist, bald fünf Millionen Arbeitslose, der Staat ist Pleite, wir wissen nicht mehr weiter.“ Oja, sagen wir da, den Mantel bitte! (rai)“

Soweit die Meldung in der Stuttgarter. Ich finde das sehr aufschlussreich, dass Redakteure einer Tageszeitung, deren Aufgabe doch darin bestehten sollte, nackte Tatsachen ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, es klar vorzieht, sie lieber zuzudecken. Ist die nackte Wahrheit tatsächlich so erschreckend? Ist es nicht viel erschreckender mit anzuzusehen, wie wir die Wahrheit vermeiden und damit gewiss jeder Chance, die eine Krise bietet, im Wege stehen?

Wie ich schon in „Herzensfeuer“ beschrieben habe, ich freue mich auf den Tag, an dem ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin ans Rednerpult tritt und verkündet: „Ich weiß nicht weiter…“ Einfach deswegen, weil dies schon so oft den Tatsachen entspricht.

Aber mal ehrlich, würden Sie so jemanden wählen? Oder doch lieber eine der Pfeifen, die so tönen als wüssten sie es und durch solche Falschmeldungen unseren Planeten weiter dem Abgrund entgegen treiben lassen?

Mit herzlichem Grüßen

Saleem Matthias Riek

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Schulden, Schuld und eigentümliches Eigentum

Ich habe mal ein bisschen nachgedacht. Es ist ja immer die Rede von den immensen Schulden, die wir haben. Auf der Website des Bundes der Steuerzahler kann man beobachten, wie die deutschen Staatsschulden um 4439 € pro Sekunde steigen auf heute morgen 1.581.105.280.275 €. Beim Sinnieren kam ich auf die Idee, also wenn ich Schulden habe, dann muss ja jemand anderes ein genau gleich großes Guthaben besitzen, nämlich der, beim dem ich die Schulden habe. Wenn es den nicht gibt, nun dann brauche ich sie ja auch nicht zurück zahlen, bin also schuldenfrei. Und dann, so dachte ich, ist es doch interessant, dass meistens nur von den Schulden die Rede ist, aber viel weniger von den riesigen Guthaben. Ja, ja, von den Reichen und Superreichen ist schon die Rede, auch von den gierigen Managern, die auch noch die Steuer bescheißen. Aber die Billionen, wer besitzt die eigentlich? Dann kam es mir. Es sind die „Investoren“! Klingt doch schon viel sympathischer als „superreich“, oder? Sie werden ja hofiert wie Wohltäter. Sie halten sich meist ziemlich geschickt bedeckt, muss man sagen. Sie treten als Gesellschaft auf oder als Unternehmen, auch als Staatsfond aus Nah- oder Fernost. Ja, die Investoren, die müssen wir freundlich behandeln, sonst investieren sie nämlich woanders. Kapital ist scheu wie ein Reh, heißt es.
Ist uns eigentlich kar, dass diese „Investoren“ inzwischen ein vielfaches der Macht besitzen im Vergleich zu den Regierungen, die wir alle Jahre wieder wählen oder auch nicht wählen? Dass wir nach ihrer Pfeife tanzen? Dass wir uns an sie verkauft haben?
Ist das unser aller „Schuld“? Haben wir unsere Seele verkauft?

Auf der Habenseite steht den Schulden Eigentum gegenüber, grundgesetzlich geschützt. Die vielleicht heiligste Kuh in unserer Kultur. Daran wollen wir in aller Regel lieber nicht dran rühren. Am Ende verliert Oma ihr klein Häuschen oder wir verlieren unser letztes Hemd… 

Johann Wolfgang von Goethe befand bereits: „Niemand ist hoffnungsloser versklavt als der, der fälschlich glaubt frei zu sein.“

Wie kann es sein, dass Menschen ein vielfaches mehr besitzen, als sie selbst jemals brauchen könnten, und damit ohne jede demokratische Kontrolle unsere Geschicke bestimmen und sogar Regierungen erpressen können, ganz legal. Es kann so sein, weil wir uns noch nicht einmal eingestehen, dass es so ist.
Hier noch ein deftiges Zitat zu diesem Thema: „In der Nacht des 4. August 1789 haben die Abgeordneten der Nationalversammlung das Feudalsystem in Frankreich abgeschafft. Heute müssen wir mit ansehen, wie die Welt von neuem feudalisiert wird. Die despotischen Herrscher sind wieder da. Die neuen kapitalistischen Feudalsysteme besitzen nunmehr eine Macht, die kein Kaiser, kein König, kein Papst vor ihnen je besessen hat.“ (Jean Ziegler, UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung)

Ich hoffe, ich hinterlasse bei Ihnen ein wenig Ratlosigkeit angesichts der Dimension dieses Themas. Denn wer hier ein schnellen Rat weiß, der hat es, so behaupte ich mal ganz dreist, noch nicht begriffen. Oder was meinen Sie?

Herzlich ratlos und frohen Mutes

Saleem Matthias Riek

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Jenseits des Gewussten, da lässt es sich leben…

Nein, ich zitiere jetzt nicht Sokrates berühmten Ausspruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, das wäre zu abgedroschen. Es geht mir hier nicht um Bildungsbürgertum oder intellektuelle Spielerei, wenn ich das Nicht-Wissen thematisiere. Es geht darum, dass wir etwas dringend brauchen, vielleicht sogar überlebenswichtig brauchen: Nicht Wissen!

In der letzten Ausgabe der Zeit (Dossier vom 20.5.2009) schreibt Wolfgang Uchatius unter dem Titel „Wir könnten auch anders“ auf brillante Weise über den Zwang unseres Wirtschaftssystems zum permanenten Wachstum und wie dies uns alle ins Unglück treibt. Bevor er interessante Ansätze für Alternativen vorstellt, gibt er noch zu bedenken: „Niemand weiß, wie eine Post-Wachstumsökonomie aussehen könnte“. Für ihn is das jedoch kein Grund, sich davon abhalten zu lassen eine zu entwickeln. Denn den Kapitalismus habe bis heute schließlich auch noch niemand gänzlich verstanden. Tut das gut, wenn dies mal jemand ausspricht! Sein Artikel ist derart kreativ in jeder Hinsicht, ich glaube das hat damit zu tun, dass sich hier jemand nicht scheut, nicht zu wissen, sondern daraus schöpft. Ich empfehle ihn dringend zu lesen. Danach wissen Sie weniger als vorher, aber das im besten Sinne!

Gestern bin ich über den Blog von Dr. Andreas Zeuch gestolpert und war fasziniert davon, dass auch im Unternehmens- und Managementbereich das Nichtwissen Einzug hält. Nein, damit ist nicht gemeint, dass manche Banker heutzutage nicht mehr wissen, wie sie weiter astronomische Renditen erzielen können. Damit ist gemeint, dass Nichtwissen uns mit unserer Intuition verbindet und eine Ressource bildet, die uns hilft, uns aus bekanntem Terrain heraus zu bewegen und wirklich kreativ zu werden. Ich selbst habe dies intensiv in meinem Liebesleben erfahren dürfen und darüber geschrieben: „Leben, Lieben und Nicht Wissen„. Es macht mir ein wenig Hoffnung, dass solche Gedanken in Managementetagen einziehen. Die sich gegenseitig mit Besserwisserei überbietenden, aber doch letztlich weitgehend hilflos agierenden Eliten unserer Kultur, was täte ihnen besser als der berühmte Satz des Sokrates? Nur dass dieser Satz leider keine Wirkung mehr entfaltet. Weil er gewusst wird. Wie wäre es also mit: „Ich weiß nicht, dass ich nichts weiß“? Ich finde, damit kommen wir der Wahrheit ein wenig näher. Oder was meinen Sie?

Herzlich

Saleem Matthias Riek

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Das Liegestuhl-Dilemma

Kennen Sie das Phänomen? Sie kommen in eine Saunalandschaft und alle Liegestühle sind besetzt. Nicht, dass auf jeder Liege jemand liegen würde, nur ein Drittel wird wirklich aktuell genutzt. Aber sie sind alle mit Badetüchern oder Taschen belegt, die zu sagen scheinen: dieser Liegestuhl ist bereits reserviert.
Wie reagieren Sie, wenn Sie auch einen Liegestuhl wollen, aber keiner mehr frei ist?

  • Sie ärgern sich, dass so viele Liegen ungenutzt reserviert sind, unternehmen aber weiter nichts?
  • Sie nehmen kurzerhand die auf einer Liege deponierten Habseltigkeiten und legen sie beiseite, legen sich selbst auf die Liege und harren mit Herzklopfen der Dinge, die da kommen sollen? Alternativ dazu reden Sie sich selbst ein, mit dieser beherzten Aktion vollkommen im Recht zu sein und haben keinerlei Angst vor einer möglichen Konfrontation?
  • Sie gehen zum Bademeister und beschweren sich darüber, dass wieder mal alle Liegen belegt sind? Dieser weist sie darauf hin, dass überall Schilder angebracht seien, dass Liegen nicht reserviert werden dürfen, dies aber leider nicht beachtet würde. Er sei es müde, diese Konflikte ständig mit uneinsichtigen Badegästen austragen zu müssen und könne deswegen leider auch nicht weiter helfen.
  • Sie denken intensiv darüber nach, wie dieses Problem ein für alle Male zu lösen wäre, haben aber noch keine Lösung gefunden und hoffen auf den ultimativen Vorschlag in diesem Text?

Ich weiß nicht, ob dieses Problem ein für alle Male gelöst werden kann, aber ich finde es spannend genug, ihm Mal auf den Grund zu gehen. Es handelt sich nämlich um nicht weniger als ein Grunddilemma unseres Menschseins. Ja, wir könnten auf den Besuch von Saunalandschaften verzichten. Aber wir kommen um das Dilemma nicht herum, dass wir Menschen, wenn wir unserem Eigennutz unmittelbar folgen, manchmal genau die Situation mit erschaffen, die uns letztlich allen, also auch uns selbst schadet.
Indem wir einen Liegestuhl reservieren handeln wir unmittelbar im eigenen Interesse. Wenn das aber die meisten tun, wird es auch für uns eng – wenn wir mal nicht unter den glücklichen sind, die noch einen Platz ergattern konnten. Wenn wir eine entsprechend gute Kinderstube genossen haben oder der Meinung sind, dass Eigennutz nicht glücklich macht, mit gutem Beispiel voran gehen und den Liegestuhl jedes Mal wieder frei geben, wenn wir ihn nicht brauchen – nun, dann sehen wir manchmal gelassen, manchmal aber auch genervt zu, wie andere eben nicht unserem gutem Beispiel folgen und wir selbst wieder mal die Gelackmeierten sind.
An dieser Stelle können wir resignieren und uns auf das Niveau der Selbstsüchtigen abfallen lassen. Oder wir rufen nach höherer Ordnung. Schließlich sind genug Liegestühle für alle da, wenn, ja wenn sie nicht überwiegend reserviert würden. Wenn also mein gutes Beispiel nicht reicht, dann wende ich mich vielleicht an die Geschäftsleitung und rege an, das Reservieren von Liegestühlen nicht nur zu verbieten und entsprechende Schilder anzubringen, sondern dieses Verbot ggfs. auch durchzusetzen. Der Geschäftsführer ist ein sympathischer junger Mann und zeigt volles Verständnis für mein Anliegen. Er verweist darauf, dass er Schilder habe anbringen lassen, dass er aber noch davor zurückschrecke, Bußgelder zu verhängen oder Hausverbot zu erteilen. Das wäre ja dann doch etwas unverhältnismäßig und würde dem guten Ruf des Hauses schaden. Zeitweilig hatte er das Badepersonal angewiesen, die Liegestühle regelmäßig frei zu räumen und kleine freundliche Zettel zu hinterlassen mit einem Hinweis, wo die Gegenstände deponiert worden seien. Das Personal hatte daraufhin soviel Ärger mit Badegästen, dass es sich weigerte, weiter so vorzugehen. Nun weiß er auch nicht weiter und tendiert dazu, dass das Leben eben nicht perfekt ist und dass es uns besser geht, wenn wir menschlichen Schwächen mit Nachsicht begegnen. Das saß, plötzlich kam ich mir irgendwie klein und schäbig vor.
Mit etwas Abstand wurde ich dann wütend. Was bildet sich dieser junge Schnösel eigentlich ein? Okay, okay, auf die Liegestühle kann ich auch verzichten. Aber ist es nicht genau das gleiche Problem, wenn Bankmanager Casino spielen, selbst dick absahnen und von ihrer Poolbar in der Karibik aus zusehen, wie die ganze Weltwirtschaft dem Ruin entgegen treibt? Oder ist es vielmehr das Geld-System mit Zins und Zinseszins, das den Eigennutz des Einzelnen langfristig in einen Schaden für alle verwandelt? Aber wer ist dafür verantwortlich? Wer kann das ändern?
Zugegeben, der Sprung von der Sauna zur Weltwirtschaft war etwas groß, aber heiß ist beides allemal und bringt uns samt Klima zum Schwitzen.
Also, cool down! Das Grunddilemma ist das gleiche: Obwohl aus der Vogelperspektive betrachtet Lösungen möglich, ja sogar einfach zu realisieren wären (im Beispiel: es gibt genug Liegestühle in der Badelandschaft und es gibt auch genug Nahrungsmittel, um alle Menschen zu ernähren!), rennen wir Menschen kollektiv in unser Verderben, indem wir mehrheitlich auf unser persönliches Interesse fixiert bleiben. Und auch der Versuch, dem kollektiven Interesse zur Macht zu verhelfen und den Einzeln hierfür zu entmachten hat historisch-materialistisch gesehen keine überzeugende Lösung, aber viel Leid gebracht. Was also ist zu tun?
Ich neige zu der These, die der Philosoph Ken Wilber vertritt: das Schicksal der Menschheit ist eng verknüpft mit dem Wachstum unseres Bewusstseins. Weder Ökologie noch ein gerechteres Wirtschafts- und Finanzsystem noch das Ende kriegerischer Auseinandersetzungen  werden möglich sein ohne dass wir Menschen unseren Horizont erweitern und es nicht nur intellektuell begreifen, sondern in jeder unserer Zellen spüren, dass wir alle mit allem verbunden sind.
Wie wir unser Bewusstsein dahingehend erweitern? Das ist eine brillante Frage, die ich das nächste Mal, wenn ich entspannt nach einem Saunagang vor mich hin träume, weiter verfolgen werde. Hoffentlich ist eine Liege frei.
Wohltuende Entspannung wünscht

Saleem Matthias Riek

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Barack Obama – ein ganz normales Wunder

Bis zur Wahlnacht im November 2008 hatte ich nur über ihn gelesen, und viel Widersprüchliches war dabei. Doch bei seiner Rede zum Wahlsieg kamen mir – ziemlich überraschend für mich bei der Rede eines Politikers – die Tränen. Seitdem schaue ich voller Neugier und Aufmerksamkeit auf diesen Menschen, der es – so scheint mir – geschafft hat Mensch zu bleiben, obwohl er Präsident der Vereinigten Staaten geworden ist. Ja, ich schäme mich etwas, es zuzugeben, aber er hat mich seitdem des öfteren zu Tränen gerührt. Ist das ehrenrührig?
Was mich am meisten berührt: da pflegt ein mächtiger Politiker – der mächtigste überhaupt? – grundlegende menschliche Werte und Umgangsformen.

Ein kleines Beispiel: er fährt zum G20 Gipfel und kündigt es nicht nur an, er wolle auch zuhören. Er hört tatsächlich anderen zu! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein Politiker hört zu!
Ein zweites Beispiel. Er tut nicht so, als seien seine Vorschläge die besten, sondern ermuntert dazu: wer eine bessere Idee hat, solle sie äußern. Und es sei ganz normal, Fehler zu machen. Und er hat es einige Mal bereits zugegeben: „I messed it up!“ (Ich habe es verbockt)
Ein drittes Beispiel (und das soll dann erstmal genügen, es gibt viele weitere): Er verlangt von sich selbst und von Amerika, die Grundsätze und Werte selbst anzuwenden, die es von anderen verlangt. So werde z.B. auch Amerika atomar abrüsten und dies nicht nur von anderen verlangen. So verbietet er die Folter und die CIA-Geheimgefängnisse, die Bush exzessiv nutzen ließ.
Was ist daran so sensationell? Ist das alles nicht eigentlich selbstverständlich? Ich weiß nicht, ob ich darüber wütend, traurig, entsetzt oder fassungslos bin, vielleicht alles zugleich: Es ist tatsächlich in unserer Kultur sensationell, wenn ein Politiker nicht nur privat, sondern sogar im Amt Mensch bleibt. Ist das nicht zum Verzweifeln?
Obama war Sozialarbeiter in Chicago, bevor er seine Politkarriere begann. Ich bin richtig stolz, in dieser Hinsicht sein „Kollege“ zu sein. Auch meine „Karriere“ begann als Sozialarbeiter, nicht in Chicago, aber in Berlin Kreuzberg. Möglich, dass Obama hier einiges darüber gelernt hat, wie er Menschen innerlich erreichen kann, die ihren Mut und ihre Hoffnung längst verloren haben. Ich gebe zu, ich hatte meine Hoffnung längst verloren, dass ein Mensch in unserer Kultur soweit aufsteigen kann, ohne vollkommen vom Parteien-Klüngel und Macht-Lobbyismus korrumpiert worden zu sein. Und ein Teil von mir starrt immer noch ungläubig auf Barrack Obama, um ihn zu enttarnen, um das alles als eine gigantische große Show zu entlarven.
Der größere Teil in mir hofft, dass ich mich nicht vollkommen täusche. Was diese Hoffnung nährt, ist dass er eben nicht – wie oft behauptet – wie ein Messias auftritt. Was er verkörpert ist, dass wir als ganz normale Menschen unsere Träume leben können. Er behauptet nicht, dass das immer einfach ist.

Kürzlich sprach er in einer Veranstaltung vor 4000 Jugendlichen in Straßburg. Der Sohn meiner Lebensgefährtin (14) war dabei. Die Sicherheitsvorkehrungen waren wohl der Wahnsinn, aber er war als einer der ausgewählten, geladenen Gäste dabei. Auf 30 Meter Entfernung sah er ihn life. Es gibt ihn! Und er war beeindruckt. Ich konnte später leider nicht so genau in Erfahrung bringen, was ihn am meisten beeindruckt hat. Ist es tatsächlich sein Mensch-Sein in Ausübung größter Macht?

Ich habe es mir im Fernsehen angeschaut. Auf die Frage: „Haben Sie schon mal bereut, für die Präsidentschaft kandidiert zu haben?“ antwortet er, es sei schon manchmal frustrierend gewesen, im Wahlkampf so lange von seiner Frau und seinen Kindern getrennt zu sein, und auch dass er sich nirgendwo auf der Welt mehr frei bewegen könne, jeder Schritt werde vom Secret Service bestimmt und überwacht. Und dann kommt der Satz, der mir ins Herz geht: Es gebe jedoch nichts Höheres, Edleres, als der Dienst am Gemeinwesen (I truly believe that there’s nothing more noble than public service.) Wirklich erfüllend werde das Leben, wenn wir nicht nur an uns selbst denken, wie wir mehr Geld verdienen oder ein tolles Autor kaufen könnten, sondern indem wir uns für etwas einsetzen, was über unsere egoistischen Motive hinaus gehe. Dafür brauchten wir nicht Präsident zu werden. Jeder von uns könne das tun, genau dort wo wir gerade stehen. So könnten wir einen Unterschied bewirken in dem Projekt, eine bessere Welt zu schaffen.
Oh je, wie oft haben wir schon Politiker das hohe Lied auf den Altruismus, den Dienst an der Gemeinschaft, singen hören. Nur hatte es bis jetzt für mich immer den bitteren Beigeschmack der Moralisten, die Doppelzüngigkeit der Wasserprediger, die Wein trinken, oder ganz simpel den Hintergrund, Stellen im sozialen Bereich durch ehrenamtliche Arbeit einsparen zu wollen. Warum aber kaufe ich Obama seine Aussage ab, bin sogar zutiefst berührt? Ich persönlich glaube, ja ich will es glauben, dass es mit Obama jemand an die Spitze der Welt-Politik geschafft hat, der grundlegende menschlich-empathische Eigenschaften und Macht in sich vereinigen kann.
Wie er das geschafft hat? Ein Quantensprung des Bewusstseins? Ein Vorbote einer neuen Zeit? Steht gar, wie Feministinnen ja gerne glauben, wenn Männer etwas Positives zuwerke bringen, steckt seine Frau Michelle dahinter?
Obama ist auch politisch „das, worauf die Welt gewartet hat“ (Stern von 7.4.09) „Im Grunde ist Obama, eigentlich ein Paradox, ein Revolutionär der Mitte“ schreibt die „Zeit“ in ihrer Ausgabe vom 19.3.09. Ein lebendes Paradox, das wäre für mich ja schon Grund genug, Fan von ihm zu sein. Aber es ist nicht das politische Programm von Barrack Obama, das mich am meisten beeindruckt. Seine Maßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln, finde ich höchst riskant. Und er ist auch kein Heiliger und kein Gutmensch. Er hat die Genehmigung dafür gegeben, die Piraten zu erschießen, die einen amerikanischen Kapitän vor Somalia als Geisel festhielten. Wird das die Gewaltspirale antreiben? Wie auch immer man dazu steht, er wird noch viele Fehler machen.
Was mich aber wirklich tief beeindruckt: Er zeigt, dass wir unsere menschlichen Qualitäten mit ihren Stärken und Schwächen, unser Herzblut und unsere Sehnsucht nach Glück und Erfüllung, dass wir das alles nicht in privaten Reservaten verstecken müssen. Wir können menschlich handeln und uns für ein lebenswertes Umfeld engagieren. Yes, we can.
Am Sonntag nach seiner Wahl erschien die Zeitschrift „Euro“ mit der Schlagzeile: „Can he?“ Ich hätte am liebsten zum Hörer gegriffen und den zuständigen Redakteur angebrüllt: „Haben Sie denn gar nichts verstanden? Gar nichts???? Es geht nicht darum, ob ER es kann. Es geht darum, ob WIR es können!!!!!“ Ich habe es nicht getan. Konnte ich nicht, wollte ich nicht?
Ich bin wohl so wütend geworden, weil auch ich immer wieder darum ringe, die Liebe meines Herzens mit meiner Macht zu verbinden, zum Wohle aller Menschen, mit denen ich Kontakt habe, inklusive meiner selbst und darüber hinaus. Kann ich das? Ja, ich kann es, immer öfter und vor allem dann wenn ich realisiere, dass ich nicht allein bin. In meinem Beruf ist das ungleich viel leichter als bei dem von Barack Obama. Und dennoch bin ich manchmal verzagt, mein Herz fühlt sich klein und verletzlich. Und ich bleibe nicht da stehen. Meine Reise geht weiter. Ihre auch?

Herzliche Reisegrüße

Saleem Matthias Riek

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Aktuelle Meldung

Es ist wirklich kaum zu glauben: der Datenschutzbeauftragte der Bundesländer Erwin Moosbrink schlägt vor, den Monat April abzuschaffen.

Datenschutz solle jetzt endlich auch dem Klimaschutz zugute kommen, heißt es. Um die Klimaveränderungen zu beobachten und zu analysieren und dann die entsprechenden Maßnahmen einleiten zu können, seien verlässliche Daten unabdingbar. Und da spreche der Monat April nunmal, so Moosbrink, allen Statistiken Hohn und werde daher immer wieder dafür missbraucht, die längst eindeutig belegten weltweiten Klimaveränderungen in Frage zu stellen.

Anstatt 12 Monate solle es in Zukunft nur noch 11 geben, die 30 Tage des April sollen gleichmäßig auf alle anderen Monate verteilt werden, wobei die bislang kürzeren Monate entsprechend stärker Berücksichtigung finden sollen. Ob es sinnvoll sei, den Monat Dezember angesicht der dort immer wieder herrschenden vorweihnachtlichen Hektik zu verlängern, werde derzeit noch geprüft.

Offizielle Stellungnahmen der Bundesregierung und des Bundesrates lagen bis heute nicht vor. Der Bund der Steuerzahler hat bereits verlauten lassen, dass diese Maßnahme nicht zu erhöhten Gebühren und Abgaben führen dürfe. Die noch recht junge Umweltorganisation PC (Peace for the Climate) sprach von einer weiteren Mogelpackung und Augenwischerei, mit der sich die Eliten unserer Gesellschaft vor der realen Verantwortung drücken und reine Taschenspielertricks anwenden, um von den realen Problemen abzulenken.

Nun, dem habe ich nichts hinzuzufügen. Eine wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen!

Saleem Matthias Riek

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Köhler ein Freund der Paradoxien

Wer hätte das gedacht. Auch unser Bundespräsident entdeckt sein Herz für Widersprüche. So sagte er kürzlich, am 24.3.2009, in seiner Berliner Rede

Die große Chance der Krise besteht darin, dass jetzt alle erkennen können: Keiner kann mehr dauerhaft Vorteil nur für sich schaffen. Die Menschheit sitzt in einem Boot. Und die in einem Boot sitzen, sollen sich helfen. Eigennutz im 21. Jahrhundert heißt: sich umeinander kümmern.

Bravo, lieber Horst, da können wir ja nur applaudieren. Von allen Seiten, von allen Parteien bekommt Köhler Zuspruch. Die Doppelbödigkeit dieses Zuspruchs wird schnell in einer Karikatur der Badischen Zeitung aufgegriffen, in die Worte Köhlers bei der Elite von Wirtschaft und Poltitik von einem Ohr dankbar aufgenommen und vom anderen Ohr sogleich in den Müll entsorgt werden.

Warum bleibt die Wahrheit, die Köhler hier ausspricht, so folgenlos? Ich glaube ganz einfach deswegen, weil noch nicht wirklich erkannt und anerkannt wird, dass der Konflikt zwischen Eigennutz und Gemeinsinn nicht weniger ist als der Grundkonflikt unserer Existenz. Wir müssen uns um unser individuelles Wohl kümmern, sonst bleiben wir auf der Stufe eines Kindes, das darauf wartet, versorgt zu werden. Und je mehr wir lernen, uns um unser Wohl zu kümmern, merken wir, dass wir von Wohl und Wehe unserer Liebsten und Nächsten nicht getrennt sind. Mit wachendem Bewusstsein zieht diese Erkenntnis immer weitere Kreise, bis wir sogar bei unseren Feinden ankommen. Ken Wilber nennt dies die Entwicklung von der Egozentrik zur Ethnozentrik hin zur Weltzentrik und glaubt, das von deren Gelingen schlicht das Überleben der Menschheit abhängt.

Wenn also Horst Köhler in der gleichen Rede der Politik  bescheinigt, jetzt den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, dann lache ich nicht nur mit dem Karikaturisten, dann steigt Wut in mir auf ob soviel Blauäugigkeit des Präsidenten, oder ist es Betriebsblindheit? Böswilligkeit? Eigennutz? Weiß er es selbst?

Zugleich weint in mir auch eine Kinderseele, die nicht glauben mag, dass wir Menschen weiter blind und sehend zugleich der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen entgegenschreiten und dabei in  Sorgen gefangen bleiben, ob unser Geld überleben wird. Wie heißt noch die alte Indianerweisheit?

„Erst wenn ihr den letzten Baum gefällt habt werdet ihr entdecken, dass man Geld nicht essen kann.“

Auch so ein Satz, wo jeder applaudiert…

Die Paradoxie, die Köhler benennt, sie verdient mehr Aufmerksamkeit, Einfühlung und Verständnis. Was brauchen wir Menschen, um wirklich über unseren Egoismus hinaus zu wachsen? Moral scheint hier nicht nachhaltig weiter zu helfen, denn sie erzeugt Widerstand. Aber was dann? Haben Sie eine Antwort?

Herzliche Grüße

Saleem Matthias Riek

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Ein genialer Verlierer

So ist ein Artikel in der Badischen Zeitung vom 13. März 2009 übertitelt. Gemeint ist Donald Duck, der seinen 75. Geburtstag feiert. Wie dieser Titel schon ahnen lässt: Donald ist ein Star für Fans der Paradoxien.
Donald war ein Vorbild meiner Kindheit, aber wollte ich wirklich so ein wie er? Wohl eher nicht! Genial wollte ich schon sein, aber immer wieder verlieren? Und doch mochte ihn so sehr, nicht zuletzt auch gerade weil er immer wieder verlor – aber nie den Mut.
Auch an einem 13. und gar noch an einem Freitag, erblickte ich das Licht der Welt. Auch mein Geburtstag war also ein traditioneller Pechtag. Und gleich zu Beginn meines Erdenlebens hatte ich bereits die erste Niederlage zu verkraften: mein Zwillingsbruder war acht Minuten schneller, und die habe ich seither nie aufgeholt…
Mit Donald, dem Idol meiner Kindertage, teile ich eine Leidenschaft für Widersprüche. Donald findet sein Glück stets mitten im Unglück. Er beneidet den Glückspilz Gustav Gans bis hin zum puren Hass, und möchte doch niemals so sein wie er.  Ihm wird nachgesagt: „Donalds Charakter ist vielschichtig: Er ist hart im Nehmen, aber auch im Austeilen…“
Nun, ich kann weder das eine gut, noch das andere. Und ich bin auch kein großer Verlierer, ich bin sogar in Maßen recht erfolgreich, obwohl mir der große Durchbruch als Autor bis heute nicht gelungen ist. Vielleicht wird ja mit diesem Blog alles anders?
Genau genommen hasse ich verlieren, das war schon früher bei einschlägigen Brettspielen mit meinem Zwillings-Bruder so. Aber ich liebe, was aus uns Menschen wird, wenn wir uns dennoch immer wieder dem Scheitern überlassen, unbedingt gewinnen wollen, aber nicht gewinnen müssen, manchmal emotional vollkommen unreif reagieren, aber uns immer wieder auf das einlassen, was uns gerade das Leben bietet. Darin hat mich Donald immer begeistert, und so wurde ich seinerzeit sogar Mitglied in der D.O.N.A.L.D, der „Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus“ (Die gibt es echt: http://www.donald.org )
Inzwischen habe ich mich anderen Dingen im Leben zugewandt (davon mehr in weiteren Blogs). Dies ist mein erster Eintrag. Ich lade Sie ein, mit mir auf eine Reise in die Welt der Paradoxien zu kommen. NEIN, das ist keine virtuelle Welt mathematischer Formeln oder logischer Spitzfindigkeiten. Es ist eine Reise in das Herz unserer Wirklichkeit. Kaum etwas ist nämlich genau so wie es scheint. Es ist oft genug auch das exakte Gegenteil. So ist immer noch ungeklärt, was Donald eigentlich an dieser Schnepfe von Daisy gefressen hat. Er wirbt immer wieder um sie, obwohl sie meint, er sei ein lausiger Liebhaber. Aber ist vielleicht gerade das ein Beweis seiner Liebesfähigkeit?
Ich möchte unseren Blick für Widersprüche sensibilisieren, die uns jederzeit und überall begegnen. Sie sind ein Tor zu tiefer Wahrheit. Genauso oft spiegeln sie aber auch unseren Hang, der Wahrheit auszuweichen.
Dies ist nicht nur ein individuelles Thema. Es ist auch ein soziales, und nicht zu letzt ein spirituelles. Auch hier können wir vom Donald’schen Universum lernen: „Nicht nur für Zoologen interessant ist die Tatsache, dass Anatidae (Entenartige) in Entenhausen in der Minderheit sind. Die Mehrheit bilden Canoidea (Hundeartige), eine Minderheit besteht aus Humanoiden. Die Wirtschaftscreme wird von Enten gebildet. Die politische Macht liegt in den Händen von Schweinen, die Justiz untersteht Eulen.“
Wer jetzt meint, dies sei ein nicht ernst zu nehmender Spaß-Blog, liegt leicht daneben. Das wird schon der nächste Eintrag zeigen, wo es um die aktuelle Weltwirtschaftkrise geht.

Ich hoffe, dann sind Sie wieder dabei? Ich möchte mit diesem Blog ganz groß rauskommen! Sie helfen doch dabei, oder? Oder mögen Sie auch lieber Verlierer?

Herzlich

Saleem Matthias Riek

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