Nein, ich zitiere jetzt nicht Sokrates berühmten Ausspruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, das wäre zu abgedroschen. Es geht mir hier nicht um Bildungsbürgertum oder intellektuelle Spielerei, wenn ich das Nicht-Wissen thematisiere. Es geht darum, dass wir etwas dringend brauchen, vielleicht sogar überlebenswichtig brauchen: Nicht Wissen!
In der letzten Ausgabe der Zeit (Dossier vom 20.5.2009) schreibt Wolfgang Uchatius unter dem Titel „Wir könnten auch anders“ auf brillante Weise über den Zwang unseres Wirtschaftssystems zum permanenten Wachstum und wie dies uns alle ins Unglück treibt. Bevor er interessante Ansätze für Alternativen vorstellt, gibt er noch zu bedenken: „Niemand weiß, wie eine Post-Wachstumsökonomie aussehen könnte“. Für ihn is das jedoch kein Grund, sich davon abhalten zu lassen eine zu entwickeln. Denn den Kapitalismus habe bis heute schließlich auch noch niemand gänzlich verstanden. Tut das gut, wenn dies mal jemand ausspricht! Sein Artikel ist derart kreativ in jeder Hinsicht, ich glaube das hat damit zu tun, dass sich hier jemand nicht scheut, nicht zu wissen, sondern daraus schöpft. Ich empfehle ihn dringend zu lesen. Danach wissen Sie weniger als vorher, aber das im besten Sinne!
Gestern bin ich über den Blog von Dr. Andreas Zeuch gestolpert und war fasziniert davon, dass auch im Unternehmens- und Managementbereich das Nichtwissen Einzug hält. Nein, damit ist nicht gemeint, dass manche Banker heutzutage nicht mehr wissen, wie sie weiter astronomische Renditen erzielen können. Damit ist gemeint, dass Nichtwissen uns mit unserer Intuition verbindet und eine Ressource bildet, die uns hilft, uns aus bekanntem Terrain heraus zu bewegen und wirklich kreativ zu werden. Ich selbst habe dies intensiv in meinem Liebesleben erfahren dürfen und darüber geschrieben: „Leben, Lieben und Nicht Wissen„. Es macht mir ein wenig Hoffnung, dass solche Gedanken in Managementetagen einziehen. Die sich gegenseitig mit Besserwisserei überbietenden, aber doch letztlich weitgehend hilflos agierenden Eliten unserer Kultur, was täte ihnen besser als der berühmte Satz des Sokrates? Nur dass dieser Satz leider keine Wirkung mehr entfaltet. Weil er gewusst wird. Wie wäre es also mit: „Ich weiß nicht, dass ich nichts weiß“? Ich finde, damit kommen wir der Wahrheit ein wenig näher. Oder was meinen Sie?
Herzlich
Saleem Matthias Riek
Lieber Herr Riek,
danke für diesen Beitrag und Ihren Hinweis auf meine Arbeit.
Die individuelle Angst vor Unsicherheit / Unplanbarkeit, kurz: Nichtwissen ist m.E. zentral für den destruktiven Umgang damit und den permanenten Größenwahnsinn, alles kontrollieren zu wollen und gar zu können. Die augenblickliche Krise ist auch eine Bewusstseinskrise: Mann / Frau kommt mit der steigenden Komplexität und dem damit verbundenen Nichtwissen nicht mehr zurecht (klar, es gab auch früher schon Kristallkugeln und Eingeweidelesen, aber das war schamanistisch gerahmt und suggerierte nicht wissenschaftliche Präzision). Und das wurzelt ganz konkret in jedem einzelnen Menschen als Angst, Unbehagen, Fluchtverhalten, Ablenkung etc.
Nicht nur in der Wirtschaft zeigt sich ein erstaunlicher Größenwahnsinn, was alles kontrollierbar sei. Das wissenschaftlich fundierte Risikomanagement der Investmentbanken hat jämmerlich versagt und uns die aktuelle Krise beschert…
Herzliche Grüße
Andreas Zeuch
Lieber Herr Riek,
gerade habe ich den von Ihnen angegebenen Artikel von Herrn Uchatius gelesen und war sehr angetan von den Überlegungen.
Für mich stellte sich beim Lesen immer wieder die Frage, was ich persönlich jetzt im Moment schon überlegen und tun oder lassen kann, um „die Erfindung des Hubschraubers“ in der Wirtschaft und in unserem Umgang mit Geld zu fördern.
Es würde mich freuen, wenn es auch hier in diesem Blog zu einem kleinen Gedanken- und Erfahrungsaustausch käme.
Ein kleiner Schritt, den ich gerade vollzogen habe, ist, zu einer Bank zu wechseln, wo ich mitbestimmen kann, in welche Bereiche das von mir deponierte Geld investiert wird und wo ich ein klein wenig aus der Zinseszinsspirale, die auch ein dauerhaftes Wachstum braucht, aussteigen kann und zumindest den Zins in konkrete Projekte spenden kann. (In meinem Fall ist das die GLS-Bank, ich hoffe, das fällt hier nicht unter unerlaubte Werbung)
Ich freue mich schon auf weitere Ideen von Lesen dieses Blogs!! Danke für die Anregungen!!!
Mona Kirchmayer
Hallo
Seien wir mal Erliche Was wissen wir.
Das was war, kein Mensch weiss was morgen in einem Jahr ist.
Wissen bezieht sein Wissen, aus der Interpreatation der Vergangenheit. Aber auch das ist schlicht Interpretation und nicht wahrheit. Das uns Bildungshelden ihre Interpreation als Wahrheit Unterjubeln wollen ist sein der Bibel bekannt. Klar der Mensch der Leben ins Fassbare zählbare Bringen möchte, wird uns Seine Wahrheit wunderbar begründen und mit Zahlen schmackhaft machen. Die Zeitungen bestehen daraus. Und wie sehr Wissen in die Sackgasse führt sehen wir auf der Ganzen Welt. Krisen Armut usw überall.
Wissen schützt also nicht vor dummheit.
Weniger altes Wissen, mehr Menschliche Intuition, weniger Kontroll.
Mit angeblichen Wissen wollen wir nur unsere Realtät beweisen. Nur zu dumm, das es immer wen gibt der genau das Gegenteil beweist. Bis auf einfache Naturgesetze ist alles so wir wir es uns erschaffen. Der eine Das Elend und der andere die Fülle
Gut ins Wissen verpackt bleibt beides, Gesellschaftsfähig und alle sind zu frieden.
Grüße Kasriel