Dreimal darfst du raten, was das Thema dieses Textes sein wird:
1……………………… 2……………………… 3………………………
Ich bin kein Zahlenmystiker, aber die Drei fasziniert mich. Dass sie eine besondere Zahl ist, spiegelt sich in vielen Sprichwörtern und Redewendungen:
- Aller guten Dinge sind drei.
- Drei Wünsche hast du frei.
- Ich zähle bis drei, dann …
Seit Jahrtausenden taucht diese mystische Zahl weltweit in fast allen Kulturen und Religionen auf, im Christentum z.B. als heilige Dreifaltigkeit oder im Buddhismus als die drei Juwelen Buddha, Dharma und Sangha (Der Erwachte, die Lehre und die Gemeinschaft Suchender).
Was macht die Drei so besonders?
- Die Eins symbolisiert Einheit und universelle Verbundenheit.
- Die Zwei symbolisiert das Prinzip der Dualität bzw. Polarität als Beginn jeder Differenzierung.
- Doch während Zwei sich Schachmatt setzen können, beginnt mit der Drei die sich unendlich fortpflanzende Dynamik des Lebens, so wie Mutter und Vater gemeinsam das Kind als etwas Drittes zeugen und gebären, das irgendwann über seine Eltern hinauswächst.
Die Drei verweist auch auf das Ende der Kontrolle, was jeder kennt, der schon einmal in einer Dreierbeziehung gelebt hat. In der Logik heißt es „Tertium non datur“ (ein Drittes gibt es nicht), was auch für die traditionelle Ehe gilt (mal abgesehen von Kindern). Doch das Leben geht über alles bereits Bekannte und Gesicherte hinaus, ob uns das nun passt oder nicht. Nicht jede exklusive Paarbeziehung ist zum Scheitern verurteilt, aber wenn zwei Menschen sich nur aufeinander beziehen und keinen Raum für etwas Drittes bereitstellen, was über ihre Beziehung hinausweist, wird die Beziehung irgendwann hohl und leblos.
Dreigliedrige Seminartitel
Mir ist bei der Beschäftigung mit der Drei aufgefallen, dass ich Seminartitel gerne als Dreisatz formuliere wie z.B.
- Liebe, Eros und Bewusstsein
- Sex, Herz und Bindung
- Ich-Du-Wir Training (siehe dazu den Text Das magische Dreieick)
Vielleicht liegt das daran, dass sich die Kunst des Seins besonders gut im Dreiklang entfaltet?
- Wir lernen, für uns selbst zu sorgen und Verantwortung zu übernehmen.
- Wir riskieren, über unseren Tellerrand hinaus zu schauen und einem Du zu begegnen.
- Wir entdecken und erleben uns als Teil von etwas Größerem, einem Wir.
Diese drei Perspektiven spiegeln sich auch in Liebe, Eros und Bewusstsein:
- In wachsender Liebesfähigkeit umarmen wir nicht nur uns selbst, sondern auch andere Menschen; in besonderen Momenten das Leben selbst in seiner unendlichen Vielfalt.
- Eros lässt uns riskieren, aus uns selbst herauszutreten, mit anderen zu spielen und dabei die Lust an der Differenz und Polarität zu entdecken.
- Bewusstsein befähigt uns, ganz in uns selbst anwesend und mit uns selbst verbunden zu sein.
In Liebe und Eros dehnt sich das Bewusstsein unserer selbst aus und die Dynamik des Lebens kann sich mithilfe dieser drei essenziellen Qualitäten entfalten.
Angst vor Kontrollverlust
Manchen Menschen macht die unkontrollierbare Dynamik des Lebens Angst. Sie verschließen sich in der Festung ihres Ego, versuchen einen „Durchmarsch zu zweit“ oder hängen in einer dualen Pattsituation fest. Ein Patt bietet zwar eine gewisse Stabilität, aber diese entpuppt sich irgendwann als Hindernis, denn sie blockiert das Leben. Symbolisch gesprochen: Wenn wir im Leben vorankommen wollen, brauchen wir nicht nur unsere beiden Beine, sondern als drittes die Bewegung. Doch wenn wir uns auf den Weg machen, gibt es keine Garantie, wo wir ankommen. So mancher bleibt da lieber einfach stehen.
Wir können die Abwehr der Drei auch auf der kollektiven Ebene beobachten. Wenn wir nicht von vorneherein mit Alternativlosikeit (1) abgespeist werden, haben wir oft nur die Wahl zwischen bekannten, aber nicht zukunftsfähigen Alternativen (2). Erst die Drei öffnet den Raum für wirklich Neues (3). Es kann einem so vorkommen, als könnten die meisten Führungskräfte unserer Gesellschaft nicht bis drei zählen …
Leben im dreidimensionalen Raum
Ein- und zweidimensional ist kein Leben möglich, Raum für Leben entsteht erst mit der dritten Dimension. Wie kann das Dritte, die Geburt von etwas Neuem, in unserem Leben Raum bekommen? Mit Dreisätzen wie Liebe, Eros und Bewusstsein oder Ich-Du-Wir können wir Inspiration und Ermutigung finden, uns über Einheit und Dualität hinaus in die Vielfalt des Lebens hineinzuwagen. Auch unsere Liebesfähigkeit und unsere Sexualität können von der Wertschätzung des dritten Elements profitieren. Erotik lebt von der Polarität, von der Spannung der Gegensätze, aber wenn der Tanz der Gegensätze keinerlei Richtung bekommt und keine neue Impulse integriert, erstarrt er irgendwann in den Klischees von Mann und Frau. Ähnliches gilt für unsere Beziehungsformen. Anstatt Zweisamkeit mit Argusaugen zu überwachen, können wir lernen, das Unvorhersehbare des Lebens willkommen zu heißen und daran zu reifen.
Neben der Geburt und dem Leben begegnen wir irgendwann dem Tod. Auch dieser „Dritte im Bunde“ wird in unserer Kultur tabuisiert. Das Todes-Tabu richtet sich irgendwann gegen das Leben selbst, denn die unbewusste Angst vor dem Tod lähmt unsere Bereitschaft, uns auf das Leben vollständig einzulassen. Umgekehrt kann gerade das Bewusstsein über den unvermeidlichen Tod – zumindest in der gewohnten, körperlichen Form der Existenz – uns helfen, das Risiko des Lebens anzunehmen und Prioritäten zu setzen.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, heißt es. Doch wenn wir zu den ersten beiden gehören, müssen wir uns nicht darüber ärgern. Der, die oder das Dritte hat die Kraft, die Dynamik des Lebens immer wieder neu zu entfachen und die anderen beiden mit seiner Freude anzustecken. Die Drei lebe hoch, dreimal hoch.
Und was fällt dir noch ein zur Drei? Was sind deine Erfahrungen?