Dass ein neues Buch in Arbeit ist – zum Thema Männersexualität – hatte ich wohl schon mehrfach erwähnt. Unser Manuskript ist fertig, es folgen nun noch Lektorat etc. und es erscheint im nächsten Frühjahr bei Kamphausen. Ich werde hier nicht vorweg nehmen, was darin steht, nur soviel: Es ist prall gefüllt mit lustvoller Inspiration, auf den verschiedensten Ebenen. Ein Thema möchte ich aber gerne aufgreifen oder genauer gesagt eine Frage: Wie verschieden ticken wir Männer und Frauen? Sind wir wirklich vom Mars oder von der Venus?
Viele Unterschiede sind offensichtlich. Es kann entlastend sein, diese erst einmal anzuerkennen und nicht davon auszugehen, der Mann oder die Frau, dem/der wir gerade mehr oder weniger intim begegnen, müsste nach unseren eigenen Maßstäben denken, fühlen oder sich verhalten. Klassiker wie „Männer wollen Lösungen, Frauen Empathie“ oder „Frauen genießen absichtlose Zärtlichkeit, Männer wollen zum Ziel kommen“ wurden schon oft diagnostiziert und treffen auch immer wieder mal zu.
Aber wenn dem so ist, was zeigt sich darin? Sind wir wesensmäßig verschieden? Sind wir unterschiedlich erzogen bzw. konditioniert? Liegt es an den Hormonen? Oder an einer ursprünglichen Polarität, die alles Leben durchzieht, wie Yin und Yang?
Es lohnt sich, nicht vorschnell den eigenen Vorstellungen und Glaubenssätzen aufzusitzen, sondern unvoreingenommen zu forschen. In einer meiner letzten Gruppen kamen Teilnehmer auf die Idee, dass Männer und Frauen ihre Kleider tauschen könnten (soweit das die Körpergröße zuließ…). Es war erstaunlich, was allein schon dieser Rollentausch auszulösen vermochte. Wir können uns – wenn wir wollen – in Vieles einfühlen, was uns zunächst fremd erscheint. Bei der Arbeit am Männerbuch haben wir dabei Erstaunliches zu hören bekommen, bis hin zu einem Mann, der sich tagelang als Frau fühlte… und nein, er ist nicht transsexuell.
Wenn Männer und Frauen wesensmäßig möglicherweise gar nicht so verschieden sind, wie es scheint, warum ist es dennoch so eindrücklich, wenn wir eine Gruppe zeitweilig in Frauen- und Männergruppe aufteilen? Die „Energie“ auf den beiden Seiten fühlt sich dann tatsächlich sehr unterschiedlich an. Manchmal verwandelt sich die Männergruppe in eine Horde Wilder, und die Frauen wiegen sich summend im Kreis. Was kommt darin zum Ausdruck? Hier hilft die Erkenntnis: Was wir wahrnehmen, geht immer durch den Filter unserer Interpretation, bevor es uns bewusst wird. An was glauben wir? Mars und Venus? Wir sind alle Menschen? Sie konnten zueinander nicht kommen? Oder „Vive la différence“?
Ich glaube: Polarität ist das Salz in der Suppe des Lebens. Je mehr erotische Intelligenz wir entwickeln, desto mehr Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung, um diese Polarität zu tanzen und zu feiern… nicht nur, aber nicht zuletzt auch im Sex.
Dies ist auch meine Haltung in den Seminaren: Ich beanspruche nicht zu wissen, was wahre Männlichkeit oder Weiblichkeit sei und müsse die Teilnehmer meiner Seminare nur noch dorthin führen. Wie langweilig wäre das denn? Ich bin immer wieder fasziniert, z. B. in von Teilnehmerseite selbst mitgestalteten Ritualen erleben zu dürfen, wie vielfältig wir Menschen – Frauen wie Männer – sind, und wie beglückend es sein kann, uns diese Vielfalt zuzugestehen. Das macht für mich den Raum des Seins aus, der soviel größer ist und für soviel mehr Platz bietet, als wir uns das vorstellen können.
Jetzt habe ich doch mehr verraten, um was es in dem Buch geht, als ich vorhatte… Ich hoffe es macht dich so neugierig, wie ich es immer noch bin: Auf die Vielfalt des Lebens und auf die saftig-salzige Polarität, die darin schwingt.
Herzliche Grüße
Saleem