Zwei Anliegen höre ich immer wieder von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die in meine Kurse kommen: Auftanken und persönliche Entwicklung.
- Das erste meint vor allem Auftanken durch sinnliche Berührung, authentische Begegnungen, Achtsamkeit, Selbstliebe, Tanzen, Erotik, Herzkontakt und vieles andere mehr. Das Seminar ist also so eine Art Tankstelle, an der wir einige wesentliche Bedürfnisse besser befriedigen können als in unserem Alltag.
- Das zweite Anliegen hat einen anderen Fokus: persönliche Entwicklung. Hier geht es darum, wie kann ich das, was ich z.B. in Workshops erlebe, aber auch andere meiner Wünsche und Sehnsüchte, in mein Leben, vor allem auch in meinen Alltag integrieren?
Beide Anliegen schließen sich natürlich nicht gegenseitig aus. Es kann sein, dass sich mein Alltag verwandelt, wenn ich lange und häufig genug aufgetankt habe und sich dadurch z.B. alte Glaubenssätze wie Ich bekomme sowieso nie genug oder nicht das, was ich will oder Ich bin nicht liebenswert, so wie ich bin als unzutreffend erweisen und auflösen. Und es kann genauso gut sein, dass sich die intensive Arbeit an meiner persönlichen Weiterentwicklung als sehr nahrhaft erweist, mich also auch „auftankt“.
Trotzdem macht es Sinn, die beiden Anliegen zu differenzieren. Für manche, die immer wieder zum Auftanken kommen, kann es quälend werden, wenn sich die Kluft zum Alltag nicht verringert, sondern sogar noch krasser spürbar wird. Dann hilft es wahrscheinlich nicht, einfach nur aufzutanken. Dann braucht es die Bereitschaft, den Problemen und Nöten des Alltags auch in der Gruppe und im Seminarraum Aufmerksamkeit zu schenken oder sie explizit dort einzubringen. Wir nutzen dann den Workshop nicht als willkommene Ablenkung oder Atempause vom Alltagsstress, um danach mit neuer Kraft… alles beim Alten zu belassen, sondern als Spiegel für die Muster, mit denen wir möglicherweise im Alltag auf dem Schlauch stehen. Oft ohne so recht zu wissen, wie.
Was ich am Ende eines Workshops allerdings auch manchmal höre: „Ich habe die Tage genossen und mich wohl gefühlt, aber nun frage ich mich: habe ich etwas vermieden oder etwas verpasst? Darf es so einfach sein?“
Ich finde, es darf!
Muss aber nicht.
In jedem Fall können wir eine gewisse Intelligenz darin entwickeln, die beiden Pole – gehalten und genährt zu werden auf der einen Seite und persönliche Entwicklung und Autonomie auf der anderen Seite – auf nützliche Weise miteinander zu verbinden. Wir haben in unserer Kultur dafür wenig gute Vorbilder, denn Konsum, der uns eigentlich nähren könnte, dient allzu oft der Ablenkung und Vermeidung. Arbeit wiederum dient oft fremdbestimmten Zielen, was uns auf Dauer nicht nährt, sondern auszehrt. Es ist also kein Wunder, wenn wir uns schwer tun, aber umso erfüllender, wenn wir unsere individuelle Balance finden. Ein kleines Kind braucht man in der Regel nicht dazu zu motivieren, laufen zu lernen. Es sieht andere laufen und will es selbst auch lernen, auch wenn es dabei manchmal zu Fall kommt. Das tut dem Spaß und der Freude am Lernen und Wachsen meist keinen Abbruch.
Wir können uns nicht zuletzt von Kindern daran erinnern lassen, dass persönliche Entwicklung manchmal mühsam ist, aber vielleicht gerade dann umso mehr Freude bereitet, wenn wir uns der Herausforderung stellen.
Dafür gibt es eine wichtige Voraussetzung: dass wir das Gefühl haben, selbst (mit-)bestimmen zu dürfen, wohin die Reise unseres Lebens geht. Dies ist der Grund, warum ich in den Kursen immer mehr darauf setze, dass du für dich herausfindest, was für dich wesentlich ist. Je mehr jede und jeder von uns sich das erlaubt – und das ist oft leichter gesagt als getan! – desto mehr entsteht in unserem Zusammensein so etwas wie ansteckende Gesundheit.
Ich freue mich, wenn ich dich auf diesem Weg zu deiner eigenen Essenz ein Stück begleiten und unterstützen darf.
Herzliche Grüße
Saleem