In einem Artikel vom 3.8.2010 berichtet die Süddeutsche Zeitung über Neues aus der Placeboforschung. Placebos, das sind Scheinmedikamente, die aber trotzdem wirken können.
Hier in Kürze die Versuchsanordnung lt. SZ:
„Die freiwilligen Teilnehmer wurden in vier Gruppen aufgeteilt. Die Probanden bekamen mitgeteilt, dass die Wahrscheinlichkeit in ihrer Gruppe 25, 50, 75 oder 100 Prozent betragen würde, dass sie das kurz zuvor abgesetzte Antiparkinson-Mittel Levodopa erhielten und kein Placebo. Tatsächlich bekamen alle Probanden jedoch ein Scheinpräparat.“
Und jetzt raten Sie mal, bei welcher Gruppe die Wirkung am stärksten war? Naheliegend wäre doch, dass die 100% Gruppe am meisten an die Wirkung der ihr verabreichten Medikation glaubt, und es daher bei ihr am besten wirkt, oder?
Stimmt aber nicht.
The Winner is: 75%!
Das ist jetzt ein Schlag ins Kontor aller, die bislang glaubten, sie müssten nur ganz fest an etwas glauben, dann würde es auch eintreffen. Wahrscheinlich haben sie – wenn’s denn gewirkt hat – auch nur zu 75% dran geglaubt… Der oft unbewusste und gerne verleugnete Zweifel, der bringt es am Ende doch und kommt jetzt zu neuen Ehren. Allerdings nicht in der Führungsrolle, da wirkt er eher ungesund. Das sehen wir ja überall in unserer Kultur der Zweifler.
Glauben und Zweifel, auch diese beiden wirken nicht am besten im Entweder-Oder-Modus. Die richtige Mischung macht’s!
Was mich aber mindeseten zu 75% nachdenklich macht sind die Versuchsanordungen in solchen Studien. Denn die Teilnehmer werden ja 100% belogen. Ist das die Basis der Medizin von Morgen? Lässt sich darauf verantwortliche Heilkunde aufbauen?
Ich bin sehr dafür, die Placebowirkung weiter zu erforschen, schließlich belegt der Placeboeffekt das Zusammenwirken von Körper und Seele auf eine Weise, die bei Schulmedizinern eigentlich ernste Zweifel an ihrem Tun sähen müsste. Aber es wäre gut darüber nachzudenken, wie ein Placeboeffekt auch ohne Betrug zu erreichen wäre.
Wie könnten wir lernen, die Balance von Glauben und Zweifeln selbst soweit steuern, dass wir bei ca. 75% herauskommen? Das wäre wirkliche Pionierforschung. Und für Liebhaber von Paradoxien wie mich eine wahre Fundgrube!
75% Zuversicht, das ist genug, um froh ans Werk zu gehen (oder loszulassen, je nachdem), aber nicht soviel, dass wir berechtige Zweifel unterdrücken oder uns unserer Sache zu sicher wären. Denn das führt am Ende wieder in die Arroganz gegenüber anderen Sichtweisen und Andersdenkenden. Und die ist selten gesund…
Oder was meinen Sie? Genauer, was sagen Ihre führenden 75%?
Herzlich
Saleem Matthias Riek
Hallo Herr Riek,
haben Sie die Studie, das Studiendesign und die Teilnahmebedingungen alle selbst gelesen? Wenn ja, wäre ich sehr daran interessiert, wo diese erhältlich sind.
Ansonsten : hochinteressant, hört sich ncih dem Prinzip „aktive“ Hoffnung an.
herzlich
Buddha