Männer stehen mal wieder im Rampenlicht der gesellschaftlichen Debatte und zwar insbesondere ihr Fehlverhalten im Zusammenhang mit Sex. Der Fall des Hollywood-Produzenten Weinstein, der über Jahrzehnte Frauen belästigt und missbraucht hat, brachte eine Lawine ins Rollen. Unter #metoo wird allerorten wild diskutiert, welches Ausmaß sexuelle Belästigung, sexualisierte Gewalt und Sexismus von Männern gegen Frauen hat und wie damit umzugehen sei.
Zunächst hielten sich die Männer bedeckt und schwiegen, was zeitweilig heftig kritisiert wurde, bis hin zu „euer Schweigen ist das Schlimmste!“. Doch immer häufiger melden sich nun auch Männer zu Wort, was längst nicht immer willkommen geheißen wird: „Das hier ist nicht euer Raum, hört einfach mal nur zu!“
Helft uns, aber mischt euch nicht ein und genau genommen ist euch sowieso nicht zu trauen. Widersprüchliche Wünsche und Forderungen von Seiten der Frauen sind für Männer nichts Neues und es ist nicht einfach, mit ihnen umzugehen. Dies gilt vor allem, solange wir nicht merken, dass wir widersprüchliche Botschaften empfangen. Wir sind nämlich allzu oft in unseren Reflexen darauf gefangen. Hier zwei von einigen Schlüsselerlebnissen, die mir in meinem lebenslangen Lernprozess geholfen haben:
- Juli 1990, Berlin. Auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Tagung „Wir stellen die Männer-(in)-Frage“ wird ein Grünenpolitiker von einer bekannten Feministin wegen seiner Machoallüren aufs Schärfste kritisiert. Ich sitze auf dem Podium zwischen den beiden und bin mir sicher, heftige Feindseligkeit zu spüren, vor allem von Seiten der Frau. Doch dann der Schock; ich betrete nach Ende der Diskussion die Backstage und falle fast in Ohnmacht: Da stehen doch die beiden und knutschen wie wild.
- Juli 2015, ZDF. Durch Schlagzeilen à la: „Sextalk bringt Lanz völlig aus dem Konzept“ werde ich erst nachträglich auf die Sendung aufmerksam. Darin erklärt die Sexologin Ann-Marlene Henning, dass Frauen keinen Bock auf Waschlappen haben, sie wollten ganze Kerle, die vor einem Kuss nicht erst fragen, ob sie denn dürfen. Der überraschte Talkmaster fragt nach: „Jahrelang hat man uns Männern beigebracht: Sei sensibel, sei zurückhaltend und frage im Zweifel mal, wie es denn so geht … und jetzt kommen Sie und sagen mir, dass ich das alles vergessen soll?“
Lanz’ Rückfrage finde ich höchst passend, weist sie doch auf ein Dilemma hin, vor dem jeder Mann steht, der sich einer Frau annähert. Er soll nicht erst dumm fragen, aber er soll auch auf keinen Fall übergriffig werden. Halleluja, Markus Lanz hätte gefeiert werden müssen dafür, dass er diesen Widerspruch auf so persönliche Weise thematisiert. Stattdessen wird er in den Medien als stotternde Memme verspottet.
Es kommt mir vor wie Ebbe und Flut. Mal heißt es – wie jetzt bei #metoo und vor Jahren beim #aufschrei – Männer seien viel zu oft übergriffig. Dann wieder wird gefragt, wo denn die echten Männer hin sind (diese Redewendung bringt bei google über 1 Million Treffer). Sie tummeln sich wohl vor allem zwischen Buchdeckeln und auf Leinwänden. „Shades of grey“ wurde allein in Deutschland mehr als 5,7 Millionen mal gekauft, und zwar vor allem von Frauen.
Männer, die stets versuchen, es Frauen rechtzumachen, landen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Kategorie Waschlappen. Mit einem entschiedenen „Leckt mich doch, was gehen mich eure Opfergeschichten an!“ disqualifizieren wir als uns unbelehrbare Sexisten. Als dritte Option bleibt uns der Rückzug aus der verminten Zone. Ganz sicher auch kein Befreiungsschlag.
Was hilft uns aus diesem Dilemma heraus? Wohl kaum all die gut gemeinten Vorsätze, die jetzt unter #howiwillchange wie Pilze aus dem Boden sprießen. Deren Halbwertszeit liegt kaum höher als ein gewöhnlicher Neujahrsvorsatz. Warum? Sie sind fremdmotiviert. Sie beruhen auf der irrigen Annahme, schmerzfrei dem Dilemma entkommen zu können.
Worin besteht das Dilemma?
Das ist schnell beschrieben: Die Erwartungen an uns Männer sind widersprüchlich, der Versuch, den Erwartungen zu entsprechen, muss scheitern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Widersprüchlichkeit oft nicht zugegeben wird. Der Mann soll in der Regel nach wie vor die erotische Initiative übernehmen, darf dabei aber keinerlei Risiko eingehen, dass seine Initiative als Übergriff empfunden wird. Die aktuelle Diskussion macht deutlich: Verunglückte Komplimente können eine gestandene Staatsekretärin schockieren, die Hand auf einem Knie, wo sie nichts zu suchen hat, kann einen Minister auch 15 Jahre später seine Karriere kosten. Eilfertig werden nun Kataloge des Erlaubten und Unerlaubten erstellt und Prüfsteine zur Vorab-Musterung eigenen Verhaltens kursieren im Netz. Auch die detailliertesten Listen alleine genügen nicht, sie müssen ja je nach Beziehungskonstellation und Kontext variiert werden. Ein Diplomstudiengang wird meines Wissens noch nicht angeboten, aber macht nichts. Männer guten Willens kriegen das schon hin. Oder?
Wohl kaum. Schauen wir näher hin:
- Ob eine Handlung einen Übergriff darstellt oder nicht, bedarf der Interpretation.
- Interpretationen sind keine Fakten. Wer seine Interpretation für allgemeingültig erklärt, maßt sich einseitige Definitionsmacht an und muss sich nicht wundern, dass dies auf Widerstand trifft.
- Jede erotische Annäherung birgt das Risiko unterschiedlicher Interpretation. In gewissem Umfang macht das sogar den Reiz der Erotik aus.
- Wenn wir die Risikozone der Erotik verleugnen und die Möglichkeit jederzeitigen Konsenses postulieren, wird es umso schwerer, Risiken in verkraftbarem Rahmen zu halten. Über den Rahmen ließe sich durchaus verständigen, über jede einzelne Interaktion eher nicht.
- Frauen sind sich ihrer Grenzen nicht immer bewusst bzw. manchmal ambivalent, wie z.B. bei Komplimenten. Männer können kaum sicherstellen, Grenzen zu respektieren, die unbewusst sind oder nicht signalisiert werden.
Was so einfach klingt („Hört auf, uns sexuell zu belästigen!), ist im Detail nicht immer so leicht einzulösen. Männer und Frauen können sich nur in einer kommunikativen Dynamik respektieren, an der beide teilnehmen. Missbrauch fängt da an, wo Kommunikation aufhört und einseitige Durchsetzung von Interessen und Bedürfnissen das Ziel ist. Kommunikation hingegen ist immer mehrdeutig; der Empfänger einer Botschaft versteht bei weitem nicht immer das, was der Sender ausdrücken will. Weil dann noch menschliche Ambivalenzen auf beiden Seiten hinzukommen, nährt der Ruf nach Eindeutigkeit eine gefährliche Illusion.
Was wir heute noch eindeutig unangenehm finden, kann sich morgen schon ganz anders anfühlen. Kürzlich hörte ich von einer Frau, sie habe sich lange darüber geärgert, dass sie – wo auch immer sie war –, diese speziellen Blicke der Männer auf sich zog. Nun sei sie jenseits der fünfzig und überrascht, dass ihr genau diese Blicke fehlen. Sich gar nicht mehr begehrt zu fühlen, sei noch schlimmer als diese Blicke.
Wie kommen wir aus der Falle heraus?
Innere Ambivalenzen, die wir uns nicht eingestehen, geben wir als unbewusste Doppelbotschaft nach außen. Doppelbotschaften sind oft nicht leicht zu erkennen. Bitte bringe mir Blumen mit, aber nur, wenn du es selbst auch wirklich willst. Der Satz klingt harmlos, kreiert aber ein unlösbares Dilemma. Ein eigener Wille lässt sich nicht mehr ausmachen, nachdem mit einer Bitte bereits Einfluss darauf genommen wurde. Doppelbotschaften können schmerzhaft sein. Wir können ihnen nicht gerecht werden und wenn wir das nicht durchschauen, löst das schnell Schuld- und Schamgefühle aus. Der Mann bringt die Blumen mit, spürt aber, dass etwas nicht stimmt: Er hat es ja nicht aus freien Stücken getan. Wenn dann noch die Frau reagiert mit: „Hast du das etwa nur gemacht, weil ich es dir gesagt habe?“, ist das Drama nicht mehr weit.
Viele Männer haben als kleine Jungen bereits Doppelbotschaften erhalten. Als Mutter aller Doppelbotschaften erscheint mir diese: Kaum ist der Junge auf der Welt, heißt es stolz „Mein kleiner Mann!“. Ist er endlich zum Manne gereift, hört er nur noch „Mein Junge!“. Kaum je wird er als das gesehen, was er ist, mit seinen Stärken und Schwächen, mit seinem Willen und seiner Verletzlichkeit. Viele Männer haben als Jungs gelernt, nicht mehr zu fühlen und haben ihr Innenleben verwaisen lassen.
Wem überlassen wir die Definitionsmacht?
Ein weiteres Schlüsselerlebnis: Ein Paar, beide Mitte fünfzig, er kommt ihr zuliebe mit in die Paartherapie, obwohl er sich eigentlich nichts davon verspricht. Sie klagt, er nehme sie nicht wahr, sie fühle sich oft kleingemacht und er weigere sich, darüber zu reden. Er gibt Letzteres unumwunden zu, er sei Jurist, Gefühle seien nun mal nicht seine Welt. Meine Frage, ob er überhaupt über seine Gefühle sprechen wolle, beantwortet er so: „Ich kann das gar nicht, da ist sie mir weit voraus.“ Ich frage erneut, ob er denn – und sei es noch so wenig, was er bei sich spürt – überhaupt darüber sprechen wolle, schaut er mich ungläubig an. Gerade so, als käme ihm zum ersten Mal in seinem Leben in den Sinn, dass er diesbezüglich eine Wahl hätte. Ich kürze die Geschichte ab: Am Ende der zweiten Sitzung sagt just dieser Mann mit feuchten Augen: „Faszinierend, welche innere Welt sich da auftut, wenn man ein bisschen in sich hineinlauscht.“
Ich interpretiere diese Geschichte so: Solange wir Männer die Definitionsmacht über unser Innenleben den vermeintlich emotional kompetenteren Frauen überlassen, haben wir keinerlei Interesse, uns unserem Innenleben tiefer anzunähern, und das aus gutem Grund. Was immer wir zutage fördern, wird sofort enteignet. Es ist wie bei Hase und Igel: Die Frau ist immer schon da. Also spielen wir „Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts“. Durch meine ehrlich gemeinte Frage bekam dieser Mann zum ersten Mal die Option, nein dazu sagen, sich seine Gefühle näher anzuschauen, ohne für sein Nein abgewertet zu werden. Es ist erstaunlich, wie schnell wir auf der Basis, Nein sagen zu dürfen, zu einem echten Ja gelangen können. Das gilt bei verbaler genauso wie bei sexueller Kommunikation.
Die innere Freiheit, Ja oder Nein sagen zu können, ist eine fundamentale Voraussetzung gelingender Kommunikation und Interaktion. Bewegen sich Männer in Richtung Frauenfreundlichkeit ohne diese Basis, bildet dies den Keim zukünftiger Frustration. Nicht alle wählen später die AfD, aber die Gefahr würde ich nicht unterschätzen. Die Wut vieler Männer weht durch viele Internetforen, vielen Männern kommt die Galle hoch, wenn sie die Forderung vernehmen, dass Männer endlich die berechtigten Anliegen der Frauen verstehen und sich für deren Belange einsetzen müssten. (Das verhält sich übrigens analog bei der Forderung, Mitgefühl für Flüchtlinge aufzubringen). Männer, die so empfindlich reagieren, wissen tragischerweise nicht, dass es der kleine Junge in ihnen ist, der nach Empathie schreit, weil er viel zu wenig davon bekommen hat und sie demzufolge niemandem anderem gönnen kann. Ich zuerst! America first! Die gleiche Melodie.
Traurige Helden des Feminismus
Wenn nun in den Medien darauf herumgeritten wird, dass Männer endlich das Ausmaß des Sexismus begreifen und Mitgefühl zu den Frauen entwickeln müssen, ist das aus Frauensicht vollkommen verständlich und legitim. Nur sind wir Männer schlecht beraten, wenn wir glauben, wir könnten mit etwas gutem Willen die Forderungen einfach erfüllen.
Es gibt Männer, die den Frauen mit deren Forderungen zur Seite stehen und Nämliches ihren Geschlechtsgenossen abverlangen. Sie kommen sich wahrscheinlich vor wie Helden. Ich war selbst einer dieser Helden. Ich gehörte zur Avantgarde einer „profeministischen Männerbewegung“, saß 1990 für diese auf dem Podium. Es hat nichts geholfen, ich musste doch durch das Tal der Tränen. Schlüsselerlebnisse haben mich im besten Sinne ent-täuscht und auf mich selbst zurückgeworfen. Das war Voraussetzung für ein wohlwollendes Selbstverständnis als Mann und für erfüllende Beziehungen zu Frauen. (Wer mehr über diesen Weg erfahren möchte: In „Lustvoll Mann sein“ offenbaren 15 unterschiedliche Männer freimütig ihren Weg zu mehr Selbstbewusstsein und besserem Sex.)
Cui bono?
Es gibt in der Sexismusdebatte keine eindeutigen, wohlfeilen Lösungen, denn Männer wie Frauen verhalten sich vieldeutig und sind ambivalent. Davon kann sich jeder leicht überzeugen, der die Diskussion im Netz verfolgt. Wir tun gut daran, uns unsere Ambivalenzen einzugestehen, anstatt nur für einen Pol einzustehen und den anderen auf die Gegenseite zu beschimpfen und bekämpfen. Doch die Polarisierung in Täter und Opfer nimmt längst wieder ihren Lauf, von einigen wohltuenden Differenzierungen abgesehen. Manchmal frage ich mich, wem diese Form der Debatte eigentlich nützt. Cui bono?
Könnte es sein, dass sich graue Eminenzen in den (Steuer-)Oasen dieser Welt genüsslich die Hände reiben? Sie können sich zufrieden zurücklehnen, denn solange wir Frauen und Männer uns gegenseitig aufreiben, verlieren wir aus dem Blick, wer uns am erbarmungslosesten ausnutzt und missbraucht und den Planeten jeden Tag weiter in den Abgrund treibt. Das Prinzip heißt „Teile und herrsche“ und ist seit Jahrtausenden bekannt. Es wirkt, so scheint es, noch immer. Doch wir streiten darüber, wann wer wem welche Komplimente machen darf. Es geht in der Sexismus-Diskussion ganz sicher nicht nur um Lappalien, aber eben auch. Ich plädiere dafür, uns von Spiegelfechtereien nicht absorbieren zu lassen, sondern uns danach auszurichten, was uns wesentlich ist und am Herzen liegt. Mich interessiert dabei vor allem, was uns Frauen und Männer im Innersten wirklich bewegt und wie wir einander mit mehr Respekt, Offenheit und Verständnis begegnen können.
- Zum Thema „Männer brauchen und verdienen Einfühlung, zuallererst von sich selbst, aber auch von außen“ ein Auszug in der Huffpost aus dem Buch Lustvoll Mann sein.
- Zum Thema Planet am Abgrund
- Zum Thema Stoppt die Steuervermeidung
Danke. Das bringt es für mich auf den Punkt.
Sehr guter Beitrag, danke!
Schöner Text! Auch Frauen kennen die Doppelbotschaften gut – wir sollen Heilige, Hure, selbstlose Mutter und gute Arbeitskraft sein, um nur einige Facetten zu nennen – willkommen im Club! Was mir im Text fehlt, ist der Bezug zu Machtstrukturen- in vielen Fällen ist bei den beschriebenen Übergriffen der Mann in einer Machtposition gegenüber der Frau – das macht Begegnung und Forschen auf Augenhöhe schwer
Liebe Britta, Machtstrukturen sind wichtig, das gebe ich zu. Es hätte den Rahmen dieses Textex gesprengt, darauf auch noch einzugehen.
Allerdings sehe ich auch eine gewisse Gefahr, Machtstrukturen allzusehr veranwortlich dafür zu machen, selbst keine Grenzen gesetzt zu haben. Dahinter lässt sich auch gut verstecken. Wenn z.B. eine Maria Furtwängler behauptet, es sei in unserer sexistischen Kultur kaum möglich, sich als Frau bei einem Promi-Event so zu kleiden, dass sie nicht frieren oder unter ihren Schuhen leiden muss, dann finde ich: Wer, wenn nicht solche Promis, die keine Angst mehr haben müssen, keine Rolle zu bekommen, könnten daran etwas ändern und in bequemen Kleidern auflaufen?
Aber ja, es gibt Machtgefälle, die es schwer machen, sich Missbrauch und Belästigung zu entziehen. Das hat aus meiner Sicht aber dann nicht so viel mit dem Geschlecht zu tun, sondern mit dem Machtgefälle, es sei denn wir beziehen hier die geschlechtsspezifischen Konditionierungen mit ein, die z.B. Frauen beibringen, zu lächeln, auch wenn sie kotzen könnten.
Wenn frau auf einen unbeweisbaren Vorfall von zuwenig eigener Abgrenzung verweisen kann, der vielleicht 2min gedauert hat, und damit die Existenz, das Netzwerk, das Lebenswerk und Auskommen, den sozialen Status eines andern Menschen ohne Beweise zerstören kann, ist wirklich unglaublich mächtig.. ja.
Vorallem fehlt mit dabei die Selbstverantwortung.
Ich erinnere mich an wunderbare Therapeuten, ein Paar, 2 Agenten für die Förderung von Gefühlen und (schwachen?) Frauen. Eine Frau hat von ihrem sexuellen Übergriffserlebnis am Vorabend durch einen Kursteilnehmer erzählt und wollte an ihrer Selbstverantwortung arbeiten, doch beide haben sich zum Mann umgedreht, der sich keines Verdchuldens bewusst war, ihn öffentlich blossgestellt und mit ihm als ‚Problem‘ gearbeitet. Er hat seine Finger, welcher Schlingel, beim kostenlosen Massieren etwas an den falschen Ort bewegt, und sie hat dazu keine Abgrenzung gemacht.
Und bei aller Liebe.. welchem Mann passtiert das nicht, bei einer Annäherung, dass sie ihn bremst, welche Frau tut das nicht öfters mal, weil unsere Rhythmen verschieden sind,
In der nächstrn Pause habe ich den Mann befragt.. der wollte nicht ‚arbeiten‘, der wusste eigentlich gar nichts mehr.
Ich hab auch die Frau befragt, die wollte eigentlich arbeiten, wurde aber nicht gelassen.
Und ich hab die Therapeuten befragt, er meinte, ein Mann müsse halt für beide spüren, für sich und seine Lust, und ihre gleich mit…
Traurige Geschichte, nicht zuletzt wegen der Besserwisserei mancher Kollegen …
Ich möchte leicht in Frage stellen, ob wir es uns nicht etwas zu einfach machen, wenn wir davon ausgehen, dass hierarchische Macht sich auf Flirtsituationen komplett übertragen lässt.
Ich denke, dass jeder Mann (Frauen wohl weniger) sich vollkommen bewusst ist, dass Beziehungen mit Mitarbeiter verpönt sind und dass er höllisch aufpassen muss. Die instinktive Ächtung scheint mir allgegenwärtig.
Ich kann mich an ein Beispiel erinnern: eine Freundin an der Universität (in den USA, Anfang 90er Jahre) hat sich das Studium finanziert, indem sie auf die Kinder einer benachbahrten Familie aufgepasst hat.
Der Mann war deutlich älter und Professor an der Universität. Sie: eine ehemalige Studentin.
Mein Urteil, selbst als jemand, der ansonsten dem Feminismus kritisch gegenübersteht und ihn sogar für reaktionär hält, war von vorneherein klar: er hat seine Macht missbraucht, um eine jüngere Frau für sich zu gewinnen.
Doch die Realität sah anders aus. Er war sehr sanft und höflich; sie – narzisstisch und unberechenbar. Es war sie, die jahrelang klargemacht hat, dass sie sich für ihn interessiert. Er liess nichts passieren, solange sie noch Studentin war. Und so weiter.
Ich habe Monate gebraucht, bevor ich diese Voreingenommenheit überwunden habe, und noch länger, bis ich eingesehen habe, dass das, was sie macht, den Tatbestand von psychicher Gewalt erfüllt.
Deswegen meine Frage: ist es wirklich so, dass ein männlicher Chef in so einer Situation wirklich tatsächliche Macht ausüben kann? Ich bin zwar schwul und dadurch, mit Erleichtung vielleicht, von diesen widersprüchlichen Gebote relativ befreit – doch ich kann es mir nicht vorstellen, dass ich in so einer Situation meine Macht geniessen würde. Ich kenne auf männliche Lehrer, die eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um sich vor eventuellen Anschuldigungen von Schülern verteidigen zu können: mit dieser Angst könnte ich schlecht leben. Einige vielleicht schon, doch da würde ich nahelegen, dass Persönlichkeitsstörungen im Spiel sind.
Hej Matthias,
super super super Artikel! Danke!! Das Differenzierteste, was ich bisher zu dem Thema gelesen habe und auf genau diesem Niveau sollte das Thema diskutiert werden!
Herzliche Grüße aus Schweden, wo über Wochen jeden Tag sechs Seiten lang das Thema in den Tageszeitungen breit und breiter gelatscht wurde. Das als so aufgeklärt geltende Schweden ist derzeit ein Land, in dem die Essenz Mann und die Essenz Frau wenig zu spüren ist und so ist jeder bereitwillig auf den Zug aufgesprungen.
Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich Deinen Artikel gerne übersetzen und auf Facebook veröffentlichen.
Herzlich, Bríd
Herzlichen Dank und ja, gerne übersetzen und teilen!
Saleem
Hej! Wir übersetzen gerade deinen Text ins Schwedische und beißen uns ein wenig an folgendem Abschnitt die Zähne aus (schon im Deutschen):
„4.Wenn wir die Risikozone der Erotik verleugnen und die Möglichkeit jederzeitigen Konsenses postulieren, wird es umso schwerer, Risiken in verkraftbarem Rahmen zu halten. Über den Rahmen ließe sich durchaus verständigen, über jede einzelne Interaktion eher nicht.“
Könntest du den vielleicht in anderen Worten nochmal wiedergeben, bitte?
Herzlichen Dank!
Hey,
mal abgesehen davon, dass es nicht „die Männer“ und „die Frauen“ gibt, werden mir hier im Artikel die Männer doch allzusehr als Opfer dargestellt, die versuchen die Erwartungen zu erfüllen und es niemanden Recht machen können. Mal abgesehen von der – wie ich es erlebe – relativ alltäglichen sexualisierten Gewalt (in welcher Form auch immer) gegen Frauen in unserer Gesellschaft: Was wollen denn „die Männer“? Welche Art von Kontakt (-anbahnung), welche Art von Miteinander unter den Geschlechtern wünschen sie sich, was sind sie dafür bereit zu tun? Ich kenne Männer die auf sehr respektvolle Art und Weise eine lustvolle, kraftvolle Art gefunden haben „Mann“ zu sein. Schade dass uns gerade in den Medien dafür wenig Vorbilder gegeben werden. Irgendwie gibt es fast immer nur entweder-oder, entweder „einsamer Wolf, Macho“ oder „Softie“. Trotzdem auch Aufgabe der Männer diese Vorbilder zu kreieren, anstatt zu jammern dass wir Frauen das nicht eindeutig vorgeben.
Gruß
Ranja
Hallo Ranja,
ich weiß nicht, wo im Text du rausliest, dass Männer Opfer seien? Einem Dilemma gegenüberzustehen macht uns nicht zum Opfer, sondern es ist eine Aufgabe. Den Opferstatus für Männer zu reklamieren ist ganz sicher nicht meine Intention, ganz im Gegenteil geht es mir um Verantwortung.
Dass es nicht „die Männer“ und „die Frauen“ gibt, da stimme ich auch zu. Deswegen brauchen wir m.E. auch keine Vorbilder.
Um keine Vorbilder, aber doch ganz unterschiedliche Beispiele zu geben, wie sich Männer sinnvoll mit ihrer Sexualität auseinandersetzen können, habe ich zusamemn mit Rainer Salm das Buch „Lustvoll Mann sein“ geschrieben. Schönen Gruß Saleem
Ich habe es auch so gelesen, dass hier die Männer ein wenig zum Opfer stilisiert werden. Wenn ich in einer Bar einmal angebaggert werde und höflich Nein sage, beim zweiten Mal bestimmt und sehr deutlich Nein sage, und dann trotzdem weiter gemacht wird, ist das Belästigung. So schwer ist es nun doch nicht zu verstehen.
Wenn ein 45jähriger einer 20jährigen Unbekannten die Hand aufs Knie klatscht, quasi als „Bezahlung“ dafür, dass er sie in einer schutzlosen Situation nach Hause gebracht hat und sie kaum eine Wahl hatte, ist das eindeutig ein Übergriff. So dumm kann er gar nicht sein, dass er das nicht ganz genau weiß. Ich finde hier macht man es sich ein bisschen einfach. Klar müssen Männer ihre eigenen Gefühle fühlen, um Gefühle anderer empathisch mitempfinden zu können. Manche Dinge gebieten aber auch die Logik und der gesunde Menschenverstand. Darin sind Männer doch angeblich so geübt.
Ich finde es etwas anmaßend, sich herauszunehmen zu behaupten, dass die #howiwillchange Männer ihren guten Willen sowieso nicht lange umsetzen werden. Wer sagt das? Mich als Frau hat diese Aktion sehr berührt und die Welt wird auf jeden Fall ein bisschen besser, selbst wenn sich die Männer auch nur 2 Wochen mal bewusst mit ihrem Verhalten auseinandersetzen. Sie ist es bereits deshalb geworden, weil ich mich als Frau, die Übergriffe erlebt hat, endlich einmal verstanden und wirklich ernst genommen fühle.
Ich kenne jede Menge Männer, gottseidank, die einfühlsam sind und erspüren können, ob zwischen beiden eine Anziehung besteht und Annäherungen willkommen sind. Außerdem gibt es eine ganz einfache Option: Wenn man merkt, dass eine Annährung nicht willkommen war, entschuldigt man sich höflich. Damit kommen in der Regel beide Parteien gut klar. Sofern man nicht sofort Trump-mäßig irgendwohin gegrabscht hat, wo man normalerweise erst nach einer gründlicheren Annäherung hinfasst, versteht sich. Da bringt die Entschuldigung nicht viel; der Täter hat ja bekommen, was er wollte.
Ich für meinen Teil habe noch nie die Notwendigkeit verspürt, einem Mann auf der Straße hinterher zu pfeifen, fremden Leuten aufs Knie zu tatschen oder sie stundenlang mit lüsternen Blicken zu bedenken. Warum gibt es Männer, die meinen sowas wäre normales Verhalten? Die es als ihr Recht verstehen, in die Intimsphäre fremder Personen einzudringen? Damit müssen sich Männer auseinander setzen. Gut, wenn sie es tun, gut, wenn sie auch mal etwas verunsichert sind, dann denken sie nach. Wer Sicherheit will kann mit Frauen reden und fragen. Dann stellt er vielleicht fest, dass Frauen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten sind, manchmal ebenso unsicher über ihre eigenen Gefühle wie der Mann, und man vielleicht auch nicht immer sofort Entscheidungen treffen braucht, wo einfach noch Unklarheit besteht. Ich für meinen Teil habe noch kein „Handbuch Mann“ gelesen, das tatsächlich auf alle oder zumindest viele Männer zutrifft. Sich gegenseitig in solche Muster einzuordnen ist einfach Quatsch und wird unserer menschlichen Vielfalt nicht gerecht.
Ein Kompliment über ein schönes Kleid ist nicht das Gleiche, wie eine anzügliche Bemerkung, die eine Person als sexuelles Objekt gemäß der eigenen Definition degradiert. So etwas fühlt sich absolut widerlich an. Ich glaube einem Mann dürfte es grundlegend schwer fallen ein solches Problem zu verstehen, dessen Opfer er nie wurde. Dafür braucht es schon viel Empathie und Einfühlungsvermögen.
Männer sind auch Opfer, keine Frage. Aber sich einen Therapeuten zu suchen, um an seinem verdorrten Gefühlsleben zu arbeiten, würde ich dennoch als deutlich angenehmer beschreiben, als einen Therapeuten für eine Traumatherapie wegen sexuellen Übergriffes aufsuchen zu müssen. Ich habe mit beidem gearbeitet. Die Männer waren ehrlich interessiert und hatten wunderbare Erfolge. Mit den Tränen, der Wut, der Verzweiflung und der gefühlten Entwertung der Traumapatientinnen konnten sie sich aber nicht messen. Missbrauchte Männer allerdings schon, sie weisen das gleiche Spektrum auf. So unähnlich sind wir uns nicht.
Um meine Vorschreiberin zu ergänzen: Warum sollen wir Rollen füreinander spielen? Letztendlich geht es doch darum man selbst zu sein. Im Kontakt zu anderen auf eine achtsame Weise. Jede Menge Frauen können weder mit dem Typ „Ich mach Dir alles Recht, hab keine eigene Meinung mehr und flippe vor lauter unerfüllten Bedürfnissen aus“ noch mit dem Typ „Ich fick dich und ansonsten bist du mir eher egal“ etwas anfangen.
Wir wollen ehrliche, authentische Männer, die zu sich selbst stehen und achtsam in Kontakt treten.
Und ebensolche Frauen.
Die überaus angebrachte und notwendige Diskussion über dieses soviel Leid verursachende Thema zu stigmatisieren als Ablenkung von den wahren Machtstrukturen, finde ich schlicht daneben. Schließlich reden wir drüber, um uns irgendwann nicht mehr aneinander aufzureiben. Männer haben auf diesem Planeten schlicht mehr Macht und Privilegien. Viele nutzen dieses aus, oder sie nutzen es und merken es nicht mal. Wenn 50% der Menschheit immer noch mehr oder weniger über die anderen 50% der Menschheit gestellt ist, haben wir ein massives Problem. Wenn wir darüber nicht reden sollen, worüber dann?
„Wir wollen ehrliche, authentische Männer, die zu sich selbst stehen und achtsam in Kontakt treten.
Und ebensolche Frauen.“ Damit stimme ich voll überein.
Was mich interessieren würde: Was glaubst du, warum manche Männer Frauen sexuell bedrängen oder gar belästigen? (von expliziter Gewalt spreche ich jetzt nicht). Ist das immer eine bewusste ausgeübte Machtdemononstration? Wissen die Männer immer ganz genau, was sie da tun? Was geht in diesen Männern wirklich vor? Das wäre doch interessant, oder? Das soll keine Entschuldigung sein, aber Phänomene, die wir nicht verstehen, können wir schwer ändern. Daher plädiere ich auch dafür, sich in Männer mehr einzufühlen.
Zum Thema wem nützt die Debatte? Ich habe mich da unklar ausgedrückt, sorry, ich habe es korrigiert. Ich meinte „Wem nützt diese polarisierende und undifferenzierte Form der Debatte?“ Die Debatte als solche halte ich für wichtig.
„Schließlich reden wir drüber, um uns irgendwann nicht mehr aneinander aufzureiben.“ Da bin ich auch dafür. Ich bin aber skeptisch, ob uns die besagte Form der Debatte diesem Ziel näher bringt.
„Wenn 50% der Menschheit immer noch mehr oder weniger über die anderen 50% der Menschheit gestellt ist, haben wir ein massives Problem.“ Das finde ich irreführend und stimmt eben so nicht, sondern nur im statistischen Mittel, das die konkrete Lebenswirklichkeit nicht abbildet, in der eben nicht alle Männer besser gestellt sind als alle Frauen.
Wenn ich lese „Ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt knapp die Hälfte des weltweiten Vermögens – Tendenz steigend.“, dann finde ich diese Ungerechtigkeit, die ja sogar noch ständig zunimmt, weitaus größer als die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Ich bestreite nicht, dass es patriarchale Zusammenhänge gibt zwischen diesen beiden Ungleichheiten, und es gibt m.E. überhaupt keinen guten Grund, die ungleiche Einkommens- und Vermögenssituation zwischen Männer und Frauen nicht zu verringern bzw. tendenziell abzuschaffen. Da wäre ich voll dafür.
Es kommt mir dennoch so vor, als wenn wir damit bildlich gesprochen eine schwere Grippe überstanden hätten, während das Krebsgeschwür einer die Menschheit als ganze bedrohenden Wirtschaftweise munter weiter wuchert.
Ja, man kann das eine tun und muss das andere nicht lassen! Ich will diese beiden Themen nicht gegeneinander ausspielen. Ich frage aber dennoch: Ist es so abwegig, dass sich Firmenbosse freuen, wenn Sexismus so extrem viel mehr mediale Empörung abbekommt als das Steuer- und Wirtschaftsystem? Sind wir uns dessen bewusst, wieviele Menschen auf unserem Planenten jeden Tag aufgrund unserer Wirtschaftsweise sterben?
Ist es nicht seltsam, dass kaum jemand sich traut, die Gender-Pay-Gap-Debatte als Neiddebatte zu verunglimpfen, dass dies aber regelmäßig geschieht, wenn jemand dafür eintritt, die unteren Einkommen zu entlasten und die höheren mehr zu besteuern bzw. den Spitzensteuersatz anzuheben? Davon würden nicht nur 50%, sondern 90% der Menschen profitieren und wahrscheinlich mehr als 95 % der Frauen, aber es scheint nicht durchsetzbar.
Ist es nicht seltsam, dass ein Uli Hoeness wieder in Amt und Würden ist, jemand aber nach einer sexuellen Straftat kaum je wieder resozialisierbar ist? Wer mir jetzt unterstellt, ich würde sexuelle Straftaten bagatellisieren: Nein, das tue ich nicht, der- oder diejenige verpasst leider nur den Punkt, um den es mir hier geht.
Matthias,
ich sehe da keine zwei Konflikte, die gegeneinander ausgespielt werden können. Sondern ein Kontinuum der Herrschaft. Wirtschaftliche Macht, ungleiche Verteilung des Reichtums – jeder kleine Abteilungsleiter hat Anteil daran, solange er unangefochten junge Frauen in seinem Einflussbereich drangsalieren kann. Vielleicht erklärt sich die Empörung der Männer über die #metoo-Debatte, und ihre Interpretation als Anti-Flirt-Debatte, auch daraus, dass bisher unhinterfragte, „normale“ Privilegien angegriffen werden. In meinem Umfeld fühlen sich im Moment sogar die größten Softies unverstanden, identifizieren sich mit den Angeklagten und beschuldigen die Sprecherinnen eines zerstörerischen Männerhasses. Auch die sanftesten Männer wollen sich den gesellschaftlichen Bonus des Mann-Seins nicht aus der Hand nehmen lassen. Liebe Männer, ich kämpfe mit Euch gegen „die da oben“ erst dann, wenn wir Seite an Seite stehen können, und Ihr mich ohne Neid neben Euch Abteilungsleiterin sein lassen könnt.
Besser hätte ich es nicht sagen können! Danke für diese komplexe Zusammenfassung kommunikativer Dilemmata. #metoo
Elizabeth Debold schreibt im neuen https://www.evolve-magazin.de einen sehr lesenswerten Artikel, welcher Saleems Artikel noch gut ergänzt, wie ich finde…. leider nicht frei zugänglich im www, aber die Investition in das Heft lohnt sich! 🙂
Ich finde, beide Beiträge zusammengenommen, den von Saleem und die Antwort von A. Kirsch, also beide geben ein rundes Bild und ergänzen sich gut. Mir gefallen sie beide