Was ist deine Botschaft?

Was ist deine Botschaft? Diese Frage wird mir immer mal wieder gestellt, in letzter Zeit besonders im Zusammenhang mit meinem Roman.

Ich gebe zu, diese Frage fordert mich heraus. Ich kann sie nämlich nicht beantworten. Nein, das stimmt nicht. Ich will sie nicht beantworten. Warum? Wenn ich eine Botschaft hätte, die ich in einem oder wenigen Sätzen formulieren könnte, dann würde ich das tun, dann hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, einen ganzen Roman zu schreiben.

Ein Roman als Lebenshilfe?

Ja, aber gibt es denn nicht Romane, die eine klare Botschaft haben? Ja, die gibt es! Man könnte sie Lebenshilfe-Romane nennen und sie sind teilweise sehr beliebt. Sie geben Orientierung und sie machen Mut, immerhin. Das schaffen sie vor allem dadurch, dass sie ihre Figuren und das Leben vereinfacht darstellen und eine Art Bedienungsanleitung gleich mitliefern. Ganz ehrlich: Ich habe viel dafür getan, dass mein Roman nicht in diese Kategorie fällt, und hoffe, es ist gelungen.

Wenn mir in Gruppen eine Frage gestellt wird, dann oft mit diesem (oder einem ähnlichen) Nachsatz: Ich weiß schon, du kannst mir das auch nicht beantworten, aber magst du dennoch etwas dazu sagen? Und tatsächlich sind meine Antworten dann oft keine Antworten im engeren Sinn, sondern weiterführende Fragen, die ich zurückgebe. Das kann frustrieren, aber eben auch deutlich weiterführen als eine Antwort.

Das Leben ist komplex

Wenn es also eine Botschaft gibt, die sich im Inneren meines Romans verbirgt, dann vielleicht diese: Das Leben ist komplex, Menschen sind widersprüchlich, Beziehungen sind ein Abenteuer, Ausgang ungewiss, Sex ist lustvoll, aber auch gefährlich, Liebe kann zutiefst beglücken, aber auch extrem schmerzen. Das alles mag uns schwer enttäuschen, das Kind in uns wünscht sich immer noch eine heile Welt, auf die wir uns verlassen können, und das nicht nur zu Weihnachten. Wie schwer Komplexität, Widersprüchlichkeit und Ungewissheit auszuhalten sind, das erleben wir derzeit weltweit, inklusive der Manöver sie zu vermeiden. Was es meist noch schlimmer macht.

Wenn wir uns auf das Leben einlassen, so wie es ist, dann stellt uns das manchmal vor große Herausforderungen, für die es keine Lösung gibt. Wir können aber lernen, nicht nur damit zu leben, sondern daran zu wachsen und unsere Freude zu haben. Dann befinden wir uns am Puls des Lebens, was immer das genau ist.

Meine Kollegin Regina Heckert hat den Roman gelesen und ihr hat er gefallen. Was ihr u.a. aufgefallen ist: „Du hast viele spannende Themen aufgenommen wie Singledasein, gescheiterte Beziehungen, Polyamorie, Treue, Machtkampf um Sex, Seitensprung, Männergruppe, Tantra. Dabei hast du keine klare Position bezogen, was richtig oder falsch ist und das bleibt bis zum Schluss offen. Ich vermute mal, dass das grundsätzlich deine Haltung von Offenheit widerspiegelt, oder?“ Wow, diese Haltung ist angekommen, was für eine Freude! Hier das vollständige Interview,  in dem ich mich sehr verstanden fühle.

Kein richtig und kein falsch?

Heißt das nun, es gibt kein richtig und falsch, kein gut und böse? Sollten wir auf Bewertungen generell verzichten? Diese Auffassung ist in der Tantraszene weit verbreitet, aber sie widerspricht sich selbst. Sie suggeriert, dass Bewertungen generell nicht gut sind, was dann selbst eine Bewertung wäre. Ich bevorzuge den Satz „Alles ist für etwas gut und für etwas anderes schlecht“. Demnach sind Bewertungen immer nur relativ gültig, es kommt jeweils auf den Standpunkt an. Aus meiner Perspektive gibt es derzeit eine ganze Menge, was schief läuft oder was ich sogar als böse bezeichnen würde. Aber was genau ist eigentlich böse? Auch dazu habe ich keine klare Botschaft, aber die Frage ist es wert, ihr nachzugehen. Mehr dazu in meinem Text Ich zuerst – das menschliche Dilemma in Zeiten der Pandemie.

Es sind keine leichten Zeiten, durch die wir gehen. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du darin einen guten Weg findest, der dich erfüllt.

Herzliche Grüße!

Saleem

Hier die wichtigsten Fragen im Interview mit Regina Heckert:

1. Wie bist du nach den Sachbüchern auf die Idee gekommen, einen Roman zu schreiben?
2. Hattest du diese Liebesgeschichte von Anfang an klar im Kopf?
3. Das ist der erste Roman, bei dem es immer wieder um Tantra geht. Bekommen LeserInnen einen authentischen Einblick in die Tantraszene?
4. Viele Passagen des Romans regen den erotischen Appetit an und haben eine direkt spürbare erotische Wirkung. Hast du das so beabsichtigt?
5. Was mich fasziniert hat, ist der „Roman im Roman“. Wie bist du auf diese Idee gekommen? War es dadurch leichter möglich, heikle Themen unterzubringen?
6. Wie hast du die Namen deiner Romanfiguren gefunden? Sind die frei erfunden oder hast du Leute im Visier gehabt, die du kennst?
7. Mich hat neben der eigentlichen Liebesgeschichte noch der zweite Handlungsstrang fasziniert, der ein bisschen „Krimi-Atmosphäre“ erzeugt. Hast du das von Anfang an so geplant?
8. Wie bist du zum Titel und zum Cover gekommen?
9. Die Geschichte wird abwechselnd aus Karolines und dann wieder aus Alex Sicht erzählt. Warum hast du dich dafür entschieden?
10. Du hast viele spannende Themen aufgegriffen: Singledasein ohne Sex, gescheiterte Beziehungen, Polyamorie, Trennung, Treue, Machtkampf um Sex, Seitensprung, Männergruppe, Tantra. Und dabei beziehst Du keine klare Position, was richtig ist oder falsch und das bleibt bis zum Schluss offen. Spiegelt das deine grundsätzliche Haltung wieder?
11. Der Ort des Geschehens ist überwiegend Freiburg, dein Wohnort. Wieviel von dir selbst ist in den Roman hineingerutscht?
12. Was ist die Hauptbotschaft deines Romans? Was ist das Besondere daran?

Saleem Matthias Riek: Die gefährliche Unausweichlichkeit der Liebe

Über Saleem Matthias Riek

Saleem Matthias Riek ist Heilpraktiker mit dem Schwerpunkt Paar- und Sexualtherapie, Tantralehrer, Diplom-Sozialpädagoge und lebt bei Freiburg im Breisgau. Saleem ist Autor mehrerer Bücher rund um Lust und Liebe, Tantra und Spiritualität. Bisher erschienen sind "Herzenslust" (auch als Hörbuch), "Leben, Lieben und Nicht Wissen", "Herzensfeuer", "Lustvoll Mann sein" und "Mysterien des Lebens". Weitere Bücher sind in Vorbereitung, u.a. eine Romantrilogie.
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3 Antworten zu Was ist deine Botschaft?

  1. Katrin sagt:

    lieber Saleem,

    das Interview habe ich noch nicht anhehört aber in diesen paar Sätzen hier sprichst du mir so aus dem Herzen- danke 🙂
    Ja, das Leben ist so widersprüchlich, komplex und ungewiss, und meist ohne einfache Lösungen- und genau darin so wunderbar lebendig! Das Jahrestraining mit dir hat mich genau darin gestärkt, genau diese Lebendigkeit – mit allen Ängsten und Verunsicherungen – auszukosten, darin zu sein. Ganz herzlichen Gruß aus dem Norden auch zu Allen, mit denen ich das Jahrestraining geteilt habe

  2. Markus Koch sagt:

    Lieber Saleem,

    nachdem ich den Beitrag über Coelho’s neues Buch in der TAZ gelesen habe, werde ich gerade ganz interessiert, warum Du gerade diesen Beitrag verlinkt hast.

    Ich kenne das eine oder andere Buch von Coelho von vor vielen Jahren, zudem habe ich früher seine Kolumne in meiner Eltern‘ Fernsehzeitschrift bei Zuhause-Besuche immer genossen.

    Ich frage jetzt nur deswegen, weil ich den Verriss durch die TAZ-Autorin nicht gerade für eine redliche (wohlwollend, zugewandt, in der Herzenshaltung) Rezension halte und gerade auch die Empfindung habe, dass sie als „Abgrenzungsversuch“, die Du durchaus für das „womöglich Neue/Andere“ in Deinem Roman anpreisen kannst, nicht stimmig ist.
    Das „tiefe Hinspüren/blicken“, das Deinem Roman womöglich innewohnt, soll nun aber auch nicht wegen der Millionenauflage Coelhos keine Abgrenzung (womöglich sogar mit qualitativer Überhöhungsidee?) erfahren, sondern weil ich persönlich gar nicht sagen mag, wessen Lebensweisheit und Lebenshilfe für Leser*innen nun höher, besser, wirksamer zu bewerten ist.
    Und da finde ich eben diesen TAZ-Beitrag und Deine Worte dazu etwas „abwärtend“ und für mich nicht stimmig.

    Derweil hat nun Karoline die Versöhnungsmail losgeschickt und ich werde immer flitzebogengespannter, mit jeder weiteren Seite Lesefreude, hin zum „Kern“(?) der gefährlichen Unausausweichlichkeit der Liebe.

    Herzliche Grüße

    Markus

    • Lieber Markus,
      ja, der TAZ-Artikel ist ziemlich abwertend. Ich selbst habe auch manche Bücher von Coelho gerne gelesen und eines kommt ja sogar in meinem Roman vor (11 Minuten). Allerdings bedient Coelho eine aus meiner Sicht Seicht- oder Wohlfühl-Spiritualität, die gerade in diesen Zeiten recht deutlich ihre Schattenseiten offenbart: man glaubt, was man glauben will bzw. was sich „gut anfühlt“.
      Dazu kommt, das manche wohl von meinem Roman eine Art Ratgeber in eine Geschichte verpackt gewünscht oder erwartet haben und da konnte ich wohl der Versuchung nicht widerstehen, mich davon deutlich abzugrenzen, da kam mir der TAZ-Artikel gerade recht…
      Ich wünsche dir weiter viel Lesefreude, allerdings wird sich manches erst in Band 2 vollständig offenbaren, und eigentlich müsste ich noch Band 3-6 schreiben, um ganz zum Kern vorzudringen, aber ob ich dafür die Zeit & Lust finde, wer weiß. Ideen hätte ich jedenfalls mehr als genug.
      Herzliche Grüße
      Saleem

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